Geschichte 25er Jollenkreuzer
Verfasst: Mo 17. Sep 2007, 21:35
Guten Tag,
da ich hier neu bin, möchte ich mich kurz vorstellen, bevor ich Euch mit meinen Fragen behellige: ich bin Ralf, 43 Jahre alt und von Beruf Redakteur. Ich freue mich hier auf einen regen Austausch mit Leuten, die eine verrückte Liebe zu einem alten Boot selbst durchlebt haben, und die mich deshalb verstehen können.
Ich fahre bislang einen 15er Jollenkreuzer, Baujahr 1971. Verkauft hat es mir ein liebenswerter ehemaliger Ingenieur aus Halle a.d. Saale.
2003 war ich auf der Suche nach einem neuen Winterlager für mein Boot, und fand einen Hallenplatz zur Untermiete bei Herrn R.
Dass ich Herrn R. abkürze, hat keinen böswilligen Hintergrund. Im Gegenteil: Herrn R. kürze ich deshalb ab, weil er als (soweit ich das beurteilen kann) fähiger Bootsbauer und Handwerker von altem Schlag nicht viel Wert darauf legt, dass sein Name einfach so der Öffentlichkeit preisgegeben wird.
Um es kurz zu machen: ich kam und komme mit Herrn R. sehr gut klar, und so hatte er wohl auch nichts dagegen, dass ich anfangs heimlich auf seinem Verkaufsgegenstand herum gekrochen bin: einem 25er Jollenkreuzer aus Holz. Mit Plankenstößen, durch die man das Licht der fahlen Halle sehen konnte.
Das Boot war zu verkaufen, und das zu einem günstigen Preis. Aber mir war klar, dass die Aufgabe mich überfordern würde.
Ich bin bestenfalls Bastler. Aber hier braucht man die Fähigkeiten eines guten Handwerkers.
Trotzdem kletterte ich wieder und wieder auf das Boot, sah mich innen und außen um, und hinterließ meine Hand- und Fußspuren auf dem Staub, der das Boot bedeckte.
Der Geruch: Holz, leicht modrig, ähnlich wie in einem Keller, und in jeder Ecke letzte Spuren der Vorbesitzer. Ein alter Gaskocher. Lange stillgelegt, funktioniert aber noch. Ein Schrank in dem in einem Winkel noch ein alter Zeitungsausschnitt vor sich hin gilbt. Eine schlecht gefertigte Innenverkleidung am Kajütdach aus Pressspan. Darunter: pure Bootsgeschichte und derbes Holz.
Und dann das Jahr. Baujahr 1921... 1921... Das Boot könnte seinen hundertsten Geburtstag feiern, wenn man es fertig machen würde... Ein Spantengerüst, das 43 Jahre vor meiner Geburt gefertigt wurde, und das eine Härte und Festigkeit hat, die jeden Jugendwahn durch seine pure Existenz verlacht. Schöne Linien, der gerade Vorsteven. Ein Boot in den besten Jahren eigentlich. Und es muss das pure Glück sein, es eines Tages segeln zu können.
Ich vermute, dass die Spuren auf dem Staub mich als mehr oder minder regelmäßigen, heimlichen Besucher auf dem Boot überführten. Bei einem Plausch fragte mich Herr R., ob wir das Boot nicht gemeinsam restaurieren und betreiben wollten?
Joooo, sagte ich halb begeistert, halb abwartend - ich war mir nicht sicher, ob ich das durchhalten kann: lange am Boot arbeiten, ohne die Aussicht, es schon im nächsten Monat segeln zu können. Das kann ich nicht so gut.
Und dann passierte zwei, drei Jahre gar nichts, außer das wir in unregelmäßigen Abständen telefonierten und über das Boot sprachen.
Schließlich gab es wieder ein Telefonat, und Herr R. fragte mich: "Sind Sie mit dabei, das Boot fertig zu machen?" (Wir sind bis heute bei einer Mischung aus Du und Sie, die beliebig wechselt).
Ich sagte "Ja". Und im Juli haben wir angefangen, und die Arbeit schreitet voran.
Und obwohl ich ein eher ungeduldiger Mensch bin, der - ehrlich gesagt - alleine das Boot wohl eher dilettantisch zusammenhuddeln würde, damit es endlich ins Wasser kommt, habe ich mich in die Zeit gefügt: Es dauert halt. Und zum Glück ist Herr R. ein besonnener Handwerker. Der setzt sich an einem Sommerabend schon mal abends in das entkernte Boot, sinniert ein paar Stunden vor sich hin, und fertigt dann Zeichnungen von der neuen Inneneinrichtung an, und wenn ich am Samstag komme, um etwas zu tun, reden wir über die Zeichnungen, bevor wir an die Arbeit gehen.
Herr R. ist ein schon älterer Mann, der wohl viele Träume hat platzen sehen, und der mit Augenmaß und Tatkraft an das Projekt heran geht. "Es gibt keine Probleme, es gibt nur Lösungen", sagt er gerne. Er war in seiner Jugend Ringkämpfer, und hat da wohl das ein oder andere Problem gelöst.
Wir wollen das Boot im Spätsommer nächsten Jahres oder zu Saisonbeginn 2009 segelklar haben. Ob das einzuhalten ist, muss man sehen. Notfalls übe ich mich in Ausdauer und Geduld.
So, dass als Einleitung zu meinen Fragen.
Was ich gerne wissen möchte: Gibt es hier Leute, die etwas zur Bootsgeschichte beitragen können?
Das Boot ist:
Ein 25er Jollenkreuzer
Baujahr 1921
Werft: Angeblich "Lloydwerft Berlin"
LüA: 7,70 m
BüA: 2,50 m
Tiefgang: 0,3m / 1,30 m
Bauweise: Ursprünglich Lärche auf Eiche. 1962 in Heiligenhafen in der Göttschwerft Neubeplankung mit Eiche.
Takelung: Ursprünglich Spitzgaffel, später Hochtakelung
Bootsname: Ursprünglich "Peter Pump", später "Peter Panik"
Segelzeichen: "C8"
Gewicht: 1,9 t
Was ich (zunächst) gerne in Erfahrung bringen möchte:
Gibt es hier im Forum Leute, die das Boot kennen?
Ist eventuell sogar ein Voreigner im Forum?
Hat Jemand Unterlagen zu dem Boot - speziell: einen Originalriss?
Kann Jemand Geschichten beitragen, wo das Boot wann gesegelt worden ist - selbst, wenn man es einfach nur mal getroffen hat?
Kann Jemand etwas zur Lloydwerft Berlin sagen? Laut Lloydwerft in Bremerhaven hat es nämlich nie einen Ableger der Werft in Berlin gegeben.
Die Bauweise der Bootseinrichtung ist laut Herrn R. "eher rauh und ungehobelt - das war in ihren Anfangsjahren kein Vergnügungsboot" - er vermutet, dass es als Ausbildungsboot der Marine gedient haben könnte. Hat da Jemand direkte oder auch historische Kenntnisse, die helfen können, diese Anzeichen einzuordnen?
So, das war die dann doch etwas längere Geschichte zu meinen Fragen. Ich würde mich sehr über alle möglichen Antworten freuen - und hätten sie auch nur entfernt mit dem Boot zu tun. Wer weiß schon vorher, welcher Hinweis am Ende zur Beantwortung einer der Fragen führt.
Vielen Dank für Eure Geduld beim lesen:
Ralf
da ich hier neu bin, möchte ich mich kurz vorstellen, bevor ich Euch mit meinen Fragen behellige: ich bin Ralf, 43 Jahre alt und von Beruf Redakteur. Ich freue mich hier auf einen regen Austausch mit Leuten, die eine verrückte Liebe zu einem alten Boot selbst durchlebt haben, und die mich deshalb verstehen können.
Ich fahre bislang einen 15er Jollenkreuzer, Baujahr 1971. Verkauft hat es mir ein liebenswerter ehemaliger Ingenieur aus Halle a.d. Saale.
2003 war ich auf der Suche nach einem neuen Winterlager für mein Boot, und fand einen Hallenplatz zur Untermiete bei Herrn R.
Dass ich Herrn R. abkürze, hat keinen böswilligen Hintergrund. Im Gegenteil: Herrn R. kürze ich deshalb ab, weil er als (soweit ich das beurteilen kann) fähiger Bootsbauer und Handwerker von altem Schlag nicht viel Wert darauf legt, dass sein Name einfach so der Öffentlichkeit preisgegeben wird.
Um es kurz zu machen: ich kam und komme mit Herrn R. sehr gut klar, und so hatte er wohl auch nichts dagegen, dass ich anfangs heimlich auf seinem Verkaufsgegenstand herum gekrochen bin: einem 25er Jollenkreuzer aus Holz. Mit Plankenstößen, durch die man das Licht der fahlen Halle sehen konnte.
Das Boot war zu verkaufen, und das zu einem günstigen Preis. Aber mir war klar, dass die Aufgabe mich überfordern würde.
Ich bin bestenfalls Bastler. Aber hier braucht man die Fähigkeiten eines guten Handwerkers.
Trotzdem kletterte ich wieder und wieder auf das Boot, sah mich innen und außen um, und hinterließ meine Hand- und Fußspuren auf dem Staub, der das Boot bedeckte.
Der Geruch: Holz, leicht modrig, ähnlich wie in einem Keller, und in jeder Ecke letzte Spuren der Vorbesitzer. Ein alter Gaskocher. Lange stillgelegt, funktioniert aber noch. Ein Schrank in dem in einem Winkel noch ein alter Zeitungsausschnitt vor sich hin gilbt. Eine schlecht gefertigte Innenverkleidung am Kajütdach aus Pressspan. Darunter: pure Bootsgeschichte und derbes Holz.
Und dann das Jahr. Baujahr 1921... 1921... Das Boot könnte seinen hundertsten Geburtstag feiern, wenn man es fertig machen würde... Ein Spantengerüst, das 43 Jahre vor meiner Geburt gefertigt wurde, und das eine Härte und Festigkeit hat, die jeden Jugendwahn durch seine pure Existenz verlacht. Schöne Linien, der gerade Vorsteven. Ein Boot in den besten Jahren eigentlich. Und es muss das pure Glück sein, es eines Tages segeln zu können.
Ich vermute, dass die Spuren auf dem Staub mich als mehr oder minder regelmäßigen, heimlichen Besucher auf dem Boot überführten. Bei einem Plausch fragte mich Herr R., ob wir das Boot nicht gemeinsam restaurieren und betreiben wollten?
Joooo, sagte ich halb begeistert, halb abwartend - ich war mir nicht sicher, ob ich das durchhalten kann: lange am Boot arbeiten, ohne die Aussicht, es schon im nächsten Monat segeln zu können. Das kann ich nicht so gut.
Und dann passierte zwei, drei Jahre gar nichts, außer das wir in unregelmäßigen Abständen telefonierten und über das Boot sprachen.
Schließlich gab es wieder ein Telefonat, und Herr R. fragte mich: "Sind Sie mit dabei, das Boot fertig zu machen?" (Wir sind bis heute bei einer Mischung aus Du und Sie, die beliebig wechselt).
Ich sagte "Ja". Und im Juli haben wir angefangen, und die Arbeit schreitet voran.
Und obwohl ich ein eher ungeduldiger Mensch bin, der - ehrlich gesagt - alleine das Boot wohl eher dilettantisch zusammenhuddeln würde, damit es endlich ins Wasser kommt, habe ich mich in die Zeit gefügt: Es dauert halt. Und zum Glück ist Herr R. ein besonnener Handwerker. Der setzt sich an einem Sommerabend schon mal abends in das entkernte Boot, sinniert ein paar Stunden vor sich hin, und fertigt dann Zeichnungen von der neuen Inneneinrichtung an, und wenn ich am Samstag komme, um etwas zu tun, reden wir über die Zeichnungen, bevor wir an die Arbeit gehen.
Herr R. ist ein schon älterer Mann, der wohl viele Träume hat platzen sehen, und der mit Augenmaß und Tatkraft an das Projekt heran geht. "Es gibt keine Probleme, es gibt nur Lösungen", sagt er gerne. Er war in seiner Jugend Ringkämpfer, und hat da wohl das ein oder andere Problem gelöst.
Wir wollen das Boot im Spätsommer nächsten Jahres oder zu Saisonbeginn 2009 segelklar haben. Ob das einzuhalten ist, muss man sehen. Notfalls übe ich mich in Ausdauer und Geduld.
So, dass als Einleitung zu meinen Fragen.
Was ich gerne wissen möchte: Gibt es hier Leute, die etwas zur Bootsgeschichte beitragen können?
Das Boot ist:
Ein 25er Jollenkreuzer
Baujahr 1921
Werft: Angeblich "Lloydwerft Berlin"
LüA: 7,70 m
BüA: 2,50 m
Tiefgang: 0,3m / 1,30 m
Bauweise: Ursprünglich Lärche auf Eiche. 1962 in Heiligenhafen in der Göttschwerft Neubeplankung mit Eiche.
Takelung: Ursprünglich Spitzgaffel, später Hochtakelung
Bootsname: Ursprünglich "Peter Pump", später "Peter Panik"
Segelzeichen: "C8"
Gewicht: 1,9 t
Was ich (zunächst) gerne in Erfahrung bringen möchte:
Gibt es hier im Forum Leute, die das Boot kennen?
Ist eventuell sogar ein Voreigner im Forum?
Hat Jemand Unterlagen zu dem Boot - speziell: einen Originalriss?
Kann Jemand Geschichten beitragen, wo das Boot wann gesegelt worden ist - selbst, wenn man es einfach nur mal getroffen hat?
Kann Jemand etwas zur Lloydwerft Berlin sagen? Laut Lloydwerft in Bremerhaven hat es nämlich nie einen Ableger der Werft in Berlin gegeben.
Die Bauweise der Bootseinrichtung ist laut Herrn R. "eher rauh und ungehobelt - das war in ihren Anfangsjahren kein Vergnügungsboot" - er vermutet, dass es als Ausbildungsboot der Marine gedient haben könnte. Hat da Jemand direkte oder auch historische Kenntnisse, die helfen können, diese Anzeichen einzuordnen?
So, das war die dann doch etwas längere Geschichte zu meinen Fragen. Ich würde mich sehr über alle möglichen Antworten freuen - und hätten sie auch nur entfernt mit dem Boot zu tun. Wer weiß schon vorher, welcher Hinweis am Ende zur Beantwortung einer der Fragen führt.
Vielen Dank für Eure Geduld beim lesen:
Ralf