südlich von Deutschland

potpourrie
Beiträge: 18
Registriert: So 12. Jun 2016, 12:04

Re: südlich von Deutschland

Beitrag von potpourrie » Mo 27. Jun 2016, 23:04

hallo pfister,
vielen dank für die Infos. Sollte das Schiff aus lauter Blödsinn am Schluss an mir hängen bleiben, würde ich mich gerne mal melden, wegen original 1950.
Das Schiff war also vor dem Mauerfall schon am Bodensee, wenn es denn zuerst Betriebssportgruppen und Vereinen in der DDR gehörte.. Finde das den Hammer.
Nichts gegen südafrikanische Delfine, mir gefallen auch die Buchstaben von Tornyn, und so ähnlich ist es für mich mit einem Drachen, auch wenn der Name von Draggen bzw. Anker kommt.
Habe den Eintrag hier im Register auch gesehen, das Photo auch. Das Schiff ist nur mit Tornyn angeschrieben, ohne II oder III. Gehe aber grundsätzlich davon aus, dass da nur ein Schiff ist.
Nix für Ungut.
pfister
Beiträge: 56
Registriert: Mi 15. Mär 2006, 11:42

Re: südlich von Deutschland

Beitrag von pfister » Di 28. Jun 2016, 07:44

sie ist besser beieinander als es der Anschein hat...der Preis könnte man sicher noch drücken....
"Tornyn II" war der Name!!! ( "Tornyn I" ist immer noch in Kap Stadt ) das Deck wurde mit Boots Sperrholz aufgebaut und darauf ein Teakdeck. wenn sie geputzt ist sieht alles anders aus....die Risse an der Schale kommt vom trocken lagern, sollte man "ausstäbeln" beim Einwassern eine Pumpe in Betrieb nehmen und gut kontrollieren, damit sie zeit hat aufzuquellen, eventuell vor dem Einwassern innen mit Wasser besprühen....Beschläge sind aus Bronce ....würde sie gerne besichtigen und anschauen!!! könnten uns Treffen ?!
potpourrie
Beiträge: 18
Registriert: So 12. Jun 2016, 12:04

Re: südlich von Deutschland

Beitrag von potpourrie » Do 30. Jun 2016, 22:46

absolut, so sind sie, war letztes Jahr auch um die Zeit zwei Drachen anschauen, einen in Morges und einen, der auf ebay wegging, hat einem fast leid getan. Mir wäre die Lärche viel wert, die Kajüte. Das Schiff ist jetzt schön trocken, der Risse sind es erstaunlich wenig. Klar würde man das dicht machen wollen. Das Teakdeck ist top.
Das Schiff war letztes Jahr auch schon in den Annoncen, was jetzt damit passiert, keine Ahnung. Weiss auch nicht, ob das jetzt ein freier Markt ist.
pfister
Beiträge: 56
Registriert: Mi 15. Mär 2006, 11:42

Re: südlich von Deutschland

Beitrag von pfister » Mo 4. Jul 2016, 14:16

Das Schiff kam von Langenargen (Meichle &Moor) 1978 in die Schweiz, gehörte einem Musiker....
Sie ist Klassen konform!!
Das Deck wurde neu gemacht, Bootssperrholz und Teak....
Schale wurde ausgeleistet, Faule stellen ersetzt...
Kielbolzen wurden NICHT erneuert!!!!
Sie war ein Fluchtboot, aus der DDR in den Westen....
wurde immer mit Cylamon behandelt bis zum verkauf.....
danebrog

Re: südlich von Deutschland

Beitrag von danebrog » Mo 4. Jul 2016, 14:48

E i n F L U C H T B O O T?? Da nimmt doch das Historikerlein die Fährte wieder auf ... :)

Hier im Yachtsportarchiv ist im BDS-Register, Registerbuch Nr. 5, unter #33 eine "Ralle" verzeichnet, allerdings das 2. l mit T-Strich. Eigner war ein Theo Ernst vom S. G. Friedrichshagen, der dann wohl ernst und "rüber gemacht" hat. Also in diesem Fall doch nichts Offizielles, wie so häufig (Seht selber nach!), sondern Privatbesitz.

Wer sich mit dem Thema ausführlicher beschäftigen möchte:
Christine u. Bodo Müller, Über die Ostsee in die Freiheit. Delius u. Klasing 2010, 7. Aufl.

Grüße
Dagmar

Ach, ja: Der Dreck, mit dem auch mein Dad liebend gern den Gartenzaun strich, hieß Xylamon. Schwer krebserregend und G. s. D. seit langem verboten. Ob man sich ein damit behandeltes Boot "ins Haus holen" muß ... ????
potpourrie
Beiträge: 18
Registriert: So 12. Jun 2016, 12:04

Re: südlich von Deutschland

Beitrag von potpourrie » Di 5. Jul 2016, 06:27

habe mal in die Archive geguckt, danke. Hat schon was Faszinierendes.
auch nochmals Dank für die weiteren Details von pfister.
Fluchtboote gibt's ja auch heute noch, hat's immer gegeben, und ist ja eigentlich auch gut so.
potemkin

Re: südlich von Deutschland

Beitrag von potemkin » Mi 6. Jul 2016, 10:29

meines ist auch ein fluchtboot, damit fliehe ich immer aus der zivilisation .....
danebrog

Re: südlich von Deutschland

Beitrag von danebrog » Mi 6. Jul 2016, 13:16

Machen wir doch alle! Irgendwie ein bisschen nach irgendwo hin ... ;) Und eine Stunde unter Segel ist wie eine Woche Urlaub. Und danach kann die Zivilisation aber was erleben! :) (Liebe Admins: Bekomme ich das Smily auch mit Heiligenschein?)
Mayer-Gronau
Beiträge: 1
Registriert: Mi 20. Jul 2016, 09:07

Re: südlich von Deutschland

Beitrag von Mayer-Gronau » Mi 20. Jul 2016, 09:38

Hallo,

ich restauriere seit kanpp zwei Jahren einen Drachen Bj.1962 am Bodensee.

Konstruktiv bedingt durch das seinerzeit noch nicht vorhandene selbstlenzende Cockpit kämpft der Drachen per se mit permanenter Berieselung von oben. Hierzu ergänzen sich meist fehlende Mastmanschetten und Wasser über die Spinnakerlucken. Nicht mehr durchlässige Lüstergatten sorgen dafür dass sich einbrechendes Wasser an Stellen staut wo es nicht hingehört und auch meist nicht aufgenommen werden kann.

Kommen im Unterwasserbereich dann gebrochene Spanten, von Trockenfäulniss betroffene Bodenwrangen und oxydierende Planken hinzu wird das System instabil und ein dauerhafter Wassereinbruch ist Programm. Hier helfen dann weder Sikaflex noch die Hoffnung auf das gerne zietierte "Quellen".

Im Falle das nun auch noch ein defektes Deck, daher faule ganze und halbe Decksbalken, Balkweger und das sog.Deck selber mit Unterkonstruktion oder auch noch der Kajütaufbau hinzukommen nähert sich zumindest der zeitliche Aufwand der Restaurierung einem Neubau an.
potpourrie
Beiträge: 18
Registriert: So 12. Jun 2016, 12:04

Re: südlich von Deutschland

Beitrag von potpourrie » So 4. Jun 2017, 09:26

Hallo miteinander,
der Vollständigkeit halber, für die alteingesessenen, an Schiffen interessierten Teilnehmer, hole ich dieses unsägliche Thema nochmal aus der Versenkung. Das mit der Schreiblaune ist ja auch nicht immer gleich. Vorweg, ich habe mir das Schiff angelacht und bin wahrscheinlich die nächsten Jahre damit beschäftigt. Doch hier nun noch der Reisebericht von meinem Abstieg in die Archive. Es sind gebliebene Eindrücke von Gelesenem, die einzelnen Wegpunkte, Webseiten sind dabei verloren gegangen, nicht dokumentiert worden.
Die Zeit der grossen Entdeckungen war also vorüber, das Petro-Jahrhundert nahm seinen Lauf, und die Frage bei Segelschiffen drehte sich um Tauglichkeit für Hochsee-Fahrtensegler und am geeignetsten für Wettfahrten. Wir schreiben das Jahr 1929, die Geburtsstunde des Schiffes, welches heute als internationale Drachenklasse bekannt ist. England beherrschte noch die Weltmeere bis zu den roaring forties im Süden. In Amerika bahnte sich sechzehn Jahre nach Errichtung einer privaten Zentralbank, und nach den roaring twenties, die heute als 'Grosse Depression' bekannte Wirtschaftskrise an, in Folge derer das Geld der Bürger konfisziert und ausgetauscht wurde, und die nur durch Krieg wieder angekurbelt werden konnte. In Deutschland war es nicht viel besser. Nachdem man in den achtzehnfünfziger Jahren den Meter eingeführt hatte, und zwanzig Jahre später den Franzosen in einem Krieg soviel Geld abnahm, und damit das Währungssystem dem britischen Standard angleichen konnte, hatte man Anfang neunzehnzwanziger Jahre eins aufs Dach bekommen, in einem Krieg von dem heute keiner genau sagen kann warum er geführt wurde. Während das Geld in Deutschland wortwörtlich verbrannt wurde, waren Deutsche Physiker noch führend in der Ausarbeitung dessen, was heute als Quantenphysik bekannt ist, der Beschrieb statistischer Phänomene die nur mit mathematischen Formeln greifbar sind, eine Entwicklung die den Rahmen für Einsteins Bekanntheit, so wie für die Atombomben von 1945 liefert. Auch bei den Seglern ging es um Formeln:
"Die Frage an den “Seglertag” des DSVb von 1927 stand 1948/49 wieder auf der Tagesordnung des organisierten Segelsports: Fortführung der Seefahrtkreuzerklassen oder KR-Formel als Bauformel für die Kreuzeryachten."
Also, das Drachenboot hat 1929 in Schweden einen Wettbewerb gewonnen und erfreute sich bei den Engländern rasch wachsender Beliebtheit. Der Konstrukteur hiess Anker und hatte das Boot Dragen genannt, eine Übersetzung für Anker. Die Engländer haben dann Drachen, Dragon, draus gemacht, namensgeberisch übernommen. Mein Eindruck ist, dass in Deutschland dann in den folgenden Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs in Sachen Segelsport mehr auf einheimische Konstruktionen gesetzt wurde, und als dann 1948 der Drachen zur olympischen Klasse ernannt wurde, nahm man das eher zähneknirschend zur Kenntnis.
"Europa erholte sich nur mühsam von den Auswirkungen des 2. Weltkriegs. Deutschland war geteilt worden und hatte genug mit dem Wiederaufbau zu tun, als an die Fertigung von Booten zu denken, deren Größe in jedem Fall von den Alliierten zunächst auf 5,5 m Länge begrenzt worden war"
Dafür sprechen denn auch Namen wie Satan und Deibel in den alten Klassenarchiven der Drachen, wo olympische Sportboote wohl vom Bann ausgenommen waren.. Zu dem konkreten Exemplar, und zu dem was hier geschrieben wurde, es müssen wohl im gleichen Jahr, 1950, zwei Drachen von derselben Werft gebaut worden sein. Gefunden habe ich das in den handschriftlichen Aufzeichnungen des DSV. Eins ging an einen Besitzer im Osten und eins an einen Besitzer im Westen. Wahrscheinlich sind die Archive der DDR zum Teil eine Abspaltung, und organisatorisch hat sich die Trennung ein wenig überlappt. Und eben, handschriftlich, schön geschwungen, Ralle und Kalle hiessen die Schiffe, scheinbar, und eben ein R und ein K, die können schon verdammt ähnlich gemalt werden. Ob da irgendeine Absicht dahinter steckt, keine Ahnung. Muss auch sagen, habe in dem Schiff (zum Glück?) keine Plakette oder Baunummer gefunden, die es eindeutig irgendwelchen Papieren zuordnen würde. Der Aspekt von Fluch und Fluchtboot wäre natürlich in beiden Fällen gegeben, in einem Fall etwas früher, wahrscheinlich zu Land, im andern Fall, später, zu Wasser.
Unten noch die rausgesuchten Einträge aus den digitalisierten Archiven. Und wenn das Schiff irgendwann wieder schwimmt und eingelöst wird, dann melden wir das. In der Zwischenzeit, ich erzähl auch gerne mal wieder was, ohne Anspruch auf Wahrheit, und würde natürlich besonders nach ein paar guten Ideen fragen wollen. Intern nenne ich das ganze jetzt auch gern mein Bauchwehprojekt.

In dem Sinn vielleicht bis später
Grüsse vom .... Dietrich (alias bekannt)

copy paste aus den digitalisierten Archiven: gefunden in: scan 115 des DSV-Registerbuchs 1948.

Daten
Klasse: DG (=Drachenklasse?)
Segelnummer: 109
Registrierungsdatum: 04.06.1951
Schiffsname: KALLE
Eignername: Th. Ernst
Wohnort: Bln. - Grunau
Verein: Potsdamer Y. C.
Werft: Schaal
Baujahr: 1950
Messbriefnummer: 1333
Bemerkung: J. Knaak, Spandauer Y. C.

Daten
Klasse: DG (=Drachenklasse?)
Segelnummer: 104
Registrierungsdatum: 20.06.1950
Schiffsname: RALLE SCHWANENWEIß
Eignername: Dr. W. Schmidt
Wohnort: Frankfurt a. M.
Verein: Chiemsee Y. C.
Werft: Schaal
Baujahr: 1950
Messbriefnummer: 1048
Bemerkung: V., H. Senwen, Y. C. Stockach



Ist doch auch seltsam, das ältere Schiff hat die tiefere Segelnummer. Egal, ist irgendwie ein Phänomen des Informationszeitalters. Vielleicht ist die Schrift ja tatsächlich Teufelszeug. Man muss sich nur mal die Vergewaltigung der Wahrnehmung vor Augen führen, bis so ein Satz Symbole (Buchstaben) eine geradezu magische Wirkung entfalten kann. Es soll Leute geben, die bleiben stundenlang regungslos sitzen, gebannt von clever angeordneten Symbolen... oder sitzen stundenlang da um einen Text zu schreiben. Für mich war's das dann erst mal mit Interesse an Geschichtlichem. Wenn Pfister noch da ist, es eilt also überhaupt nicht mit Schiff mal wiedersehen wollen, aber die Möglichkeit ist jetzt grundsätzlich gegeben. Können mir ja nochmal ein pm schicken zum bestätigen. Vielen Dank, freundliche Grüsse.


Antworten