Likedeeler

beetle-ralf
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Likedeeler

Beitrag von beetle-ralf » Di 8. Nov 2016, 13:33

Hallo,
ich bin neu hier und versuche gerade, die Historie eines Bootes zu erforschen, das mir kürzlich als Restaurationsprojekt angeboten wurde.
Es ist ein wunderschönes Boot, im Moment nach ca. 10 Jahren auf dem Trockenen und nur mit einer Plane abgedeckt, in einem sehr traurigen Zustand - also mehr ein Rekonstruktionsobjekt...
Trotzdem war es Liebe auf den ersten Blick und ich möchte das Schiff gerne wieder in einen seetauglichen und möglichst originalgetreuen Zustand versetzen.
Hier nun das, was ich bisher weiß:

Holzbootskörper Eiche auf Eiche, ca. 12,8 Meter lang, 2,6 Meter Breit. LWL ca. 8,5 Meter. Das Gewicht liegt bei 6 Tonnen. Unter der Plicht befindet sich ein kleiner Einbaudiesel. Es gibt einen Salon, der mindestens zum Teil in Mahagoni gehalten ist und eine große Schlafkoje.
Der Riß ähnelt für meine Begriffe einem 75qm National Kreuzer, dafür ist sie aber eigentlich zu "robust". Laut Eigner wurde das Schiff wohl vor 1900 als Segellängenyacht gebaut und soll bis 1948 unter Gaffeltakelung gefahren sein. Zur Zeit gibt es einen 15m-Holzmast (Hochtakelung) mit Fock. Über die Zeit wurden unterschiedlich große Großsegel und Bäume gefahren.
Es gibt einige Schwarz-Weiß-Fotos aus den 50/60 Jahren und Farbfotos aus neueren (noch besseren) Zeiten - alle schon mit Hochtakelung. Anfangs war eine Selbstwendefock mit Fockbaum vorhanden.

In den 50er bis 60er Jahren soll es Eignergemeinschaften an der Weser und am Bodensee gegeben haben, die sie unter dem Namen "Likedeeler" gefahren haben. Zuletzt war sie am Stargarder See beheimatet.

Das Deck hatte dunkle Planken und eine Seereling, später war das Deck weiß (Sperrholz) und von der Seereling sind nur noch einzelne Relingfüße vorhanden

Wer kann mir mit Hinweisen zu ursprünglicher Schiffsklasse, vielleicht zu Konstrukteur oder Werft oder auch Kontakt zu Voreigentümern weiterhelfen? Hat jemand alte Fotos, auf denen das Schiff möglicherweise alleine oder mit anderen Schiffen zu sehen ist?

Ich bin für jeden Hinweis dankbar und erstatte selbstverständlich alle möglichen Auslagen.

Fotos folgen noch.

Herzliche Grüße Ralf
beetle-ralf
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Re: Likedeeler

Beitrag von beetle-ralf » Di 8. Nov 2016, 19:38

Wie bekommt man hier Fotos rein???
André bauer
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Re: Likedeeler

Beitrag von André bauer » Mi 9. Nov 2016, 19:16

Moin Ralf,
Fotos einstellen: Dateien müssen kleiner als 1Mb sein. Dann klappt es regelmäßig.

Bei einem Boot mit den Maßen, das robuster als ein Nationaler Kreuzer ist denke ich an einen 50er Seefahrtkreuzer.
Dann könnte das Boot aber nur nach 1933 gebaut worden sein.

Grüße,
André
Gruß,
André

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Allegretto, ma non troppo
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Re: Likedeeler

Beitrag von Allegretto, ma non troppo » Mo 14. Nov 2016, 13:32

Hallo Ralf,

deine Geschichte klingt ja sehr interessant und das beschriebene Schiff scheint sehr ansprechende Maße zu haben.
Deine Mutmaßung, es könnte sich um einen 75er Nationalen handeln, habe ich auch gleich für realistisch gefunden, doch nach mehrmaligem Lesen fiel mir einiges auf:
der Rumpf ist mit Eiche beplankt, wie du schreibst. Das wäre bei sportlichen Regattabooten, wie es der Nationale unbedingt war, nicht üblich. Auch das Gewicht von 6 Tonnen ist für einen 75er Nationalen das übliche Gewicht, wenn nicht eher an der Unteren Grenze, da ja sogar noch eine Maschine eingebaut ist. Ein Rumpf Eiche auf Eiche in deinen Maßen wäre sicher schwerer.
Eiche macht auch bei solchen Schiffen wenig Sinn, denn bei der üblichen dünnen Beplankung von Sportbooten (siehe geringes Gewicht von 6 Tonnen) neigt Eiche sehr zum Verwerfen und zur Rissbildung. Könnten die Planken nicht aus Lärche sein? Das gäbe mehr Sinn und würde auch eher zum Gewicht passen.
Interessant wäre, ob auf dem Boot ein Ansatz für einen Klüverbaum zu finden ist. Viele damaligen Boote (falls deine Baujahrvermutung stimmen sollte). hatten diesen, insbesondere, wenn sie gaffelgeriggt waren.
Fotos wären hier sehr hilfreich, insbesondere solche vom Unterwasserschiff.
Wo liegt denn das Boot und wo wurde es die letzte Zeit gesegelt?
Bin gespannt, ob wir hier gemeinsam zu einem Ergebnis kommen.
Viel Glück und herzliche Grüße
Reinhard
danebrog

Re: Likedeeler

Beitrag von danebrog » Di 15. Nov 2016, 23:29

Hallo Ralf,

sind auf den alten Fotos das/die Segelzeichen erkennbar? Vermutlich ist kein alter Meßbrief mehr vorhanden, aber vielleicht ein Werftschild?

12,8 m Länge ist für die Frühzeit des Segelsports um 1900 - sofern Du die richtige Info bekommen hast - schon ziemlich groß, so dass es sich evtl. um einen Einzelbau handeln könnte.

Auf der Startseite hier findest Du links oben unter "Home" und "Forum" an 3. Stelle "Yachten & mehr". Dort sind nicht nur unsere, noch aktuell existierenden Boote verzeichnet, sondern auch die alten Register nach Jahr, Klasse etc. als Scan aufrufbar.

Ich persönlich würde mich an der LÜA und Breite orientieren. Das könnte ganz gut klappen, weil das Boot ja vermutlich nicht, wie z. B. bei einigen Schärenkreuzern das Heck aufgrund von Gammel, kurzerhand gekürzt wurde.

Wenn Du tatsächlich die Bootsklasse, die Werft, den Namen ausfindig gemacht hast, kannst Du in den alten Jahrgängen der "Yacht" - aufrufbar im "Yachtsportarchiv" - weiter stöbern und evtl. auf Regattateilnahmen u. ä. stoßen.

Dem Wunsch nach einem Foto schließe ich mich an und wenn man an dieser Stelle auch mal erfahren könnte, was aus den Anfragen und Recherchen anschließend geworden ist, wäre das auch schön.

Dann viel Spaß bei der Fleißarbeit und viel Erfolg

Grüße
Danebrog



danebrog

Re: Likedeeler

Beitrag von danebrog » Mi 16. Nov 2016, 08:29

Nachtrag:

Mit fiel schon gestern Abend auf, das hier bei den gelisteten Mitgliederyachten ein/e "Likedeeler" existiert - am Starnberger See. Vielleicht hat Dir das Rechtschreibprogramm einen Streich gespielt?

Die Länge ist zwar mit 12,3 m angegeben, aber auch hier würde ich Meß- bzw. Schreibfehler nicht ausschließen,
1. weil Viele die Maße gerne runden,
2. weil das Maßband um den Mast rum und über das Kajütdach geführt wird, anstatt die LÜA in der Waage- und Lotrechten zu vermessen und
3. falls tatsächlich eine Spiere vorhanden sein sollte, besteht die Unsicherheit, ob sie dazugerechnet wird oder nicht.

Ansonsten stimmen die Breite und "Eiche auf Eiche". Es ist ein Foto dabei, so dass Du es auf den ersten Blick erkennen könntest.

Wenn es wirklich dasselbe Boot ist, hast Du eine Kreuzerjacht von MAX OERTZ am Wickel!!! => Jubeln! Kaufen!
Und über alles andere später nachdenken! ;)

Viele Grüße
Dagmar
beetle-ralf
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Re: Likedeeler

Beitrag von beetle-ralf » Mi 16. Nov 2016, 10:21

Vielen Dank für eure interessanten Antworten.

Mein Rechtschreibprogramm hat mir keinen Streich gespielt. Es handelt sich tatsächlich um die Likedeeler vom Starnberger See. So schön, wie auf dem Mitgliederfoto sieht sie leider inzwischen nicht mehr aus. Nach vermutlich 10 Jahren an Land ohne wirklich ausreichenden Wetterschutz ist von der alten Schönheit viel verloren gegangen, um es mal freundlich auszudrücken...
Was bleibt, ist eine faszinierende Yacht, in die ich mich schon beim Betrachten der (nicht geschönten) aktuellen Fotos verliebt habe, viel Arbeit, aber die Vorfreude auf Tischler- und Schreinerarbeiten - und den ersten Segeltörn vielleicht auf dem Ueckerhaff...

Die neulich genannten Maße sind in der Tat nicht ganz genau. Die Länge ist ca. 12.40, wobei sicher ist, daß am Heck Anfang der 50er Jahre ca. 12 cm erst dem Gammel und anschließend der Säge zum Opfer fielen. Tiefgang ist ca. 1,55-1,60. Das Gewicht ist mit 6 To. auch nur geschätzt, kann auch mehr sein - die Eichenplanken sind 30 mm stark.

Im Moment ist das vorrangige Problem, daß das Schiff zwar auf einem sehr guten und stabilen Trailer steht, auf dem ich es locker die 80 km zu mir nach Hause ziehen könnte, aber der Trailer nicht zugelassen ist. Er wurde vor gut 3 Jahren mal mit einem Kurzzeitkennzeichen mit Schiff gefahren, Mittlerweile bekommt man dieses Kennzeichen meines Wissens aber nur noch für Fahrzeuge mit gültiger HU...
Wenn jemand eine praktikable Idee hat, wie das Problem gelöst werden kann, springe ich vor Freude an die Decke.
Ansonsten versuche ich erst einmal weiter, die Geschichte des Schiffchens vor 1950 zu ergründen. Alles danach ist im Wesentlichen bekannt, auch was spätere Reparaturen und Umbauten betrifft.
In welchen Archiven kann man denn noch stöbern, um da etwas zu erfahren?
Es bleibt also sehr spannend...

Herzliche Grüße vom Ralf
danebrog

Re: Likedeeler

Beitrag von danebrog » Mi 16. Nov 2016, 11:30

Großartig!!!! :) :) :)

Es gibt eine Monographie zu Oertz, die ich Dir empfehlen kann:

Klaus Kramer, Max Oertz. Genie, Yachtkonstrukteur, Aeronaut und Erfinder. Erschienen im Eigenverlag, 2001.

Ich glaube, bei amazon oder ebay sind immer welche im Angebot - ansonsten nochmal melden.

Auch hier intern auf der Homepage gibt es mind. einen ausführlichen Beitrag unter Werften/ Klassennotizen usw. Einfach mal stöbern. Und die alten Jahrgänge der "Yacht" nicht vergessen!

Und jetzt freut sich das Historikerlein ungeniert mit!

Viele Grüße
Dagmar
André bauer
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Re: Likedeeler

Beitrag von André bauer » Mi 16. Nov 2016, 13:02

Moin Ralf,

die 6 Tonnen sind für 30 mm starke Eichenplanken deutlich untertrieben.
Mein 50er hat bei ähnlichen Maßen, Tabascomahagoniplanken und einem Ballastgewicht von 3,33 t eine Verdrängung von 7-8 t.
Eiche ist einiges schwerer als Tabasco.

Das solltest Du auch für den Straßentransport berücksichtigen, der Trailer muss das tatsächliche Gewicht auch tragen können.
Den Trailer sollte sich ein Mechaniker vor Ort ansehen, besonders die Bremsen.
Dann kann das Gespann zum TÜV, meines Wissens nach ohne Zulassung solange man den direkten Weg fährt.

Gruß,
André
Gruß,
André

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Re: Likedeeler

Beitrag von beetle-ralf » Mi 16. Nov 2016, 15:55

Hallo, Andrè,

danke für Deine Antwort.
Das mit dem Gewicht muß ich in der Tat mal prüfen, ist aber im Augenblick vermutlich unkritisch. Das Schiff ist auf dem Trailer schon vom Starnberger See ins schöne Land Brandenburg gerollt - und da steht es nun seit 3 1/2 Jahren auf dem Trailer und wartet auf bessere Zeiten. Die nächste Aufgabe ist daher - wohl ohne Alternative - ein Transport der ganzen Fuhre zu mir nach Hause. Das sind ca. 80 überschaubare Kilometer ohne besondere Hindernisse, fast durchweg Autobahn. Wenn ich dann mal so weit bin, daß sie wieder Wasser unter den Kiel bekommen kann, habe ich nur knapp 2 km gerade Strecke zum Yachthafen mit Kran. Das ist mit Warnblinklicht und 25kmh-Schild in 10 Minuten erledigt.

Vorher möchte ich aber noch herausbekommen, als was sie wann wirklich mal gebaut wurde und wo sie zuerst beheimatet war.

Gruß Ralf
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