geschichtliche Entwicklung des Backstagentrimms

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Cocodrillo
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geschichtliche Entwicklung des Backstagentrimms

Beitrag von Cocodrillo » Fr 27. Sep 2019, 08:41

Guten Tag,

Ich möchte gerne mehr erfahren zum Thema der geschichtlichen Entwicklung der Trimmvorichtungen. Insbesondere interessiert mich die Entwicklung des Backstagen-Trimms. Wann und warum kamen die Räder ("Flammräder"?) auf und wann sind diese wieder verschwunden.

Besten Dank im Voraus für alle Anworten, die mir helfen hier weiterzukommen

Gruss
vom schönen Beodensee
kstubenrauch
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Re: geschichtliche Entwicklung des Backstagentrimms

Beitrag von kstubenrauch » So 29. Sep 2019, 21:46

Guten Abend Cocodrillo,

für die 5.5mR kann ich dies beitragen:

Verwendung der Räder von Anfang der 50er Jahre bis Ende der 60er Jahre. Die guten dabei waren mit Bremsen ausgestattet.

Danach kamen - und sind bis heute - Taljen mit Übersetzungen von 1:6 bis 1:12 im Einsatz. Meist unterteilt nach direkt (1:1) und fein (1:6 bis 12). 1:16 sollte man den alten Classic Booten nicht antun.

Der Haken bei den Rädern war immer eine fehlende Feinjustierung. Bei den Rädern ohne Bremse dazu das schlagartige Öffnen der Backstagen.

Viele Grüße,

Kaspar

www.5point5.de
Bodenseesegler
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Re: geschichtliche Entwicklung des Backstagentrimms

Beitrag von Bodenseesegler » Di 1. Okt 2019, 21:14

Guten Abend Cocodrillo,

Ich pflichte Kaspar bei. In älteren Büchern, insbesondere denen von Uffa Fox, der auch immer ein spezielles Kapitel zu Beschlägen hatte, finden sich keine Backstagräder (werde aber nochmals nachsehen). Mit Beginn der 60-iger Jahre kamen diese auf (ich hatte mal eine 15-er SNS Baujahr 1961 die hatte schöne kleine Räder aus Tufnol, mit Messing-Zahnrad und Messing-Klinken), in den 70-iger Jahren hatte so gut wie jeder Drachen, Lacustre, Schärenkreuzer die Backstag-Räder.
Die Nachteile hat Kaspar gut beschrieben.
Was für eine andere Lösung mit Taljen lange Zeit fehlte waren „auslösbare“ Klemmen (mit Curry-Klemmen geht das Lösen unter Last, vor allen Dingen unter Deck, schlecht); als diese in den 80-iger Jahren verfügbar wurden, haben viele auf Talje, mit Fein- und Grobverstellung umgerüstet. Auch größere Bierkästen mit mehr Verstellweg halfen dabei.

Ein anderer Aspekt ist die Verfügbarkeit von hochfestem Tauwerk-Material: Solange die Backstagen komplett aus Draht waren, waren die Backstagräder fast die einzige Möglichkeit (wie will man sonst Draht schnell aufwickeln oder abspulen ?); mit der Verfügbarkeit von hochfestem reckfreiem Tauwerk sind einfach die Alternativen möglich geworden.

Doch muss man auch eine Lanze für das gute alte Backstagrad brechen: Zum Einhand-Segeln ist es bis heute eine gute Lösung. Der Steuermann kann es einfach nach dem Ruderlegen bedienen, bequem auf seinem Ruderbänkle sitzen bleibend; es ist aufgeräumt (es muss keine Lose versorgt werden), der Draht im neuen Lee läuft einfach aus. Wenn man den Draht nur aufwickelt (die Reibung, d.h. der Reibschluss genügt) und nicht das Ende mit einer Schlaufe an der Trommel festschraubt, kann das Ende auch einfach „ausrauschen“ (Drachen- und Lacustre-Segler wissen was ich meine ;-) - zum Beispiel wenn sich die Backstag hinter einem Dalben verhängt.
Für traditionell geplankte Rümpfe immer noch eine gute Lösung wenn mit Bremse verbaut, die sich langsam und nicht schlagartig lösen lässt.

Aber bei „kompetitiven“ Klassen mit 3/4- oder 7/8-Rigg, bei denen die Höhe am Wind eine Rolle spielt, war mit dem guten alten Backstagrad einfach nicht genug „Dampf“ aufzubringen (zur Reduktion des Durchhanges des Vorstages). Somit hat die gesamte technische Entwicklung (reckfreie Fallen, reckfreies Segeltuch, Profilvorstag etc.) in Verbindung mit steiferen Rümpfen (in den genannten Klassen primär Holz formverleimt oder GfK) das Backstagrad ins Abseits manövriert.

Gruß vom Bodensee (ehemalige Heimat der Backstagräder - auch dank Firma Wirz !)

Klaus
Bodenseesegler
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Re: geschichtliche Entwicklung des Backstagentrimms

Beitrag von Bodenseesegler » Do 3. Okt 2019, 20:56

Nachtrag:
Ich habe jetzt in den Büchern von Uffa Fox nachgesehen; es sind nur Backstag-Hebel erwähnt, z.B. auch für 30 qm Schärenkreuzer wie die berühmte Waterwitch.
Bei großen Schiffen wie z.B. Endeavour auch Taljen, die mit konventionellen Winschen auf Deck geholt werden; bei kleineren Yachten wie Schärenkreuzern nur umklappbare Hebel, wie sie auch heute noch auf alten Schärenkreuzern, Neptunkreuzern oder manchmal auch Haj-Booten zu finden sind.
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