Jollenkreuzer Eiche, Bj 1943 restaurieren

André bauer
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Re: Jollenkreuzer Eiche, Bj 1943 restaurieren

Beitrag von André bauer » Mi 27. Mai 2015, 12:53

Hallo,

da Eiche eines der am stärksten arbeitenden Hölzer ist und eine konsequente Beschichtung mit Epoxy so gut wie kein Wasser mehr durchläßt, beruhigt sich das Boot mit einer solchen Beschichtung.
Vorrausetzung dafür ist, dass das Boot in sich steif und so trocken wie möglich ist während des Ausleistens und Beschichtens.
Ansonsten besteht auch die Gefahr der Fäulnis unter dem Epoxy.
Der beste Leim kann die Kräfte die beim Arbeiten des Holzes entstehen nicht auffangen.

Selbstverständlich reißen die Fugen auf, die Arbeit vom Bootsbauer über Wasser trägt daran erstmal keine Schuld.
Die Lagerung des Bootes hat extremen Einfluß und wie oft das Boot bewegt wird.
Zumindest bei herkömmlichen Beschichtungen.
Unter Wasser hätte ich niemals mit Sika oder ähnlichem verfugt bei Eiche.
Die Feuchtigkeit muß vom Holz ferngehalten werden.
Je mehr das Holz arbeitet, desto eher sollte also eine Beschichtung mit Epoxy erfolgen.
Tabascomahagoni ist da wesentlich freundlicher als Eiche oder einige Nadelhölzer.
Offene Boote bzw Boote wo oft Wasser innen steht sollten auch von Innen mit Epox beschichtet werden.
Oder man sorgt dafür das die Persenning keinen Regen reinläßt.
Die Beschichtung von Innen ist eine anstrengende und langwierige Arbeit, weil erst die komplette alte Beschichtung bis aufs rohe Holz runter muß.
Eine Vollpersenning ist bei der steigenden UV-Belastung sowieso Pflicht.
Es sei denn man hat Lust alle paar Jahre den Lack bis aufs Holz abzuziehen...
Dabei ist es egal, welches Farbsystem man verwendet hat.
Das gilt auch für große Boote mit Kajüte, eine solche Persennning mag teuer sein, die ersparte Arbeit für den Bootsbauer oder Eigner am Lack holt sie sehr sehr schnell wieder rein.
Gute Belüftung ist dabei auch enorm wichtig.

Gruß,
André
Gruß,
André

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Re: Jollenkreuzer Eiche, Bj 1943 restaurieren

Beitrag von fg-1064 » Mi 27. Mai 2015, 13:15

Moin zusammen,

ich stelle folgende Gedanken zur Diskussion (ohne damit eine bestimmte Methode als falsch verurteilen zu wollen!):

Vor einiger Zeit habe ich längere (sehr laaange) Diskussion mit einem Bootsbauer über den Einsatz von modernen Materialien – Epoxy, Sika, Pantera etc. – im Holz-Bootsbau gehabt.

Sein Grundverständnis: so lange wie irgend möglich auf den Einsatz der "Wundermittel" verzichten, um das Holz am Leben zu erhalten. Die "alte" Eiche unseres Kielbalkens haben wir mit den herkömmlichen Methoden (Holzteer und rohem Leinöl) wieder so "dicht" bekommen, dass wir seit letztem Jahr staub wischen können. "Unser" Bootsbauer sagt hier, durchaus nachvollziehbar, dass nur ein kompletter Tausch mit anschließendem perfekten Konservieren, den gewünschten Erfolg zeitigen würde.
Aber mal ganz ehrlich: wer gibt denn für ein (Folke-)Boot, dass (ohne Reparaturen segelbar) nur 3.000 Euro (max!) kostet, für den Austausch seines Kielbalkens mind. 5.000 Euro aus? Ist es da nicht sinnvoller, die von Björn (Fischoer) genannte Methode des Instandhaltens zu wählen und vor allem zu segeln? Denn unsere Kielplanke ist ja nicht schlecht. Sie ist halt nur nicht mehr perfekt und ließ zuletzt eben durch die Risse etwas Wasser quellen - ca. 1 Liter pro Woche...
Die Rissanfälligkeit kann nach Meinung des bereits zitierten Bootsbauers weder durch Epoxy noch andere Chemikalien verringert werden. Auch das tränken mit dünnflüssigem Epoxy ist seiner Meinung nach nur eine schlechte Krücke. Erwärmtes Leinöl gemischt mit Holzteer (und Petroleum zur Verdünnung und Verbesserung der Kriechfähigkeit) gibt dem Holz die natürlichen Stoffe, die es braucht, um gesund zu bleiben. Natürlich sieht unsere Bilge nicht geleckt aus. Dafür können wir mit einem Blick unter die Bodenbretter sehen, wie es unserer alten Dame tatsächlich geht.

Grüße!
Jan

[img]https://folkebootmuu.files.wordpress.co ... g_0631.jpg[/img]

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Re: Jollenkreuzer Eiche, Bj 1943 restaurieren

Beitrag von Fischoer » Mi 27. Mai 2015, 14:42

Ich denke ähnlich wie Jan.

Eichekeile wurde früher in Steinbrüchen benutzt, um Steinblöcke aus dem Fels zu sprengen (Löcher bohren, trockene Keile rein + dann nass machen).

Wenn nach der Beschichtung irgendwann mal wieder Feuchtigkeit an das Holz kommt (kleine Macke durch Auflaufen, Regenwasser steht doch mal etwas im Boot und das Epoxy ist nicht überall hingelaufen ...), wird die Eiche arbeiten. Dann reißt entweder das Epoxy oder das Holz. Das Risiko kann man durch eine dicke Glas+Epoxy-Beschichtung vermutlich minimieren. Aber hat man dann nicht schon ein Kunstoffboot mit Holzkern?

Wenn das Boot gesund ist, würde ich versuchen, es mit traditionellen Mitteln zu erhalten.

Grüße, Björn
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Re: Jollenkreuzer Eiche, Bj 1943 restaurieren

Beitrag von R-167_SEELÖWE » Mi 27. Mai 2015, 15:37

Das versuche ich gerade mit der Owatrol-Strategie...

Danke für Eure zahlreichen Antworten. Das Thema ist aber auch irgendwie unerschöpflich.

Uli
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André bauer
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Re: Jollenkreuzer Eiche, Bj 1943 restaurieren

Beitrag von André bauer » Mi 27. Mai 2015, 15:55

Hallo,

ich sehe den Übergang von Holz zu Kunststoff etwas anders. Sicher ist eine Epoxy-Glasbeschichtung schon ähnlich zu einem Kunststoffboot.
Aber andersherum sind alle Alkdharzfarben, die wir heute als traditionell bezeichnen auch nichts anderes als Erdölprodukte und somit Kunststoffe.
Es gibt also faktisch gesehen in dieser Hinsicht kaum Unterschiede zwischen Alkydharz und Epoxy.
Wenn man wirklich traditionell lackieren will, muß man mit Leinöl und Leinölfirnis lackieren.
Mit allen Nachteilen wie den ewigen Trocknungszeiten und null UV-Schutz.

Und ich bin sicher, das die Beschichtung auf einem alten Boot genauso gut wird, wie auf einem totalrestaurierten, WENN das Boot vorher wirklich trocken ist und gut ausgeleistet wurde.
Ohne ausgeleistete Fugen wird das nix. Auch die Nieten müssen fest sein.
Und Risse in der Kielsohle sollten auch ausgespundet bzw. mit Epoxy gefüllt werden.

Und ja, eine Epoxybeschichtung ist schlagempfindlich, wie ich vorher auch schon erwähnt habe.
Aber auch das Anecken mit dem Außenborder beim Verstauen hat auf der 5mR noch keine echten Schäden gebracht.
Und unter Wasser sind Schäden sowieso eher unwahrscheinlich.
Selbst wenn gibt es dafür Reparaturharze die auch unter Wasser aushärten.

Und eben weil Eiche so stark quillt und dabei wesentlich mehr Kraft entwickelt als Nadelhölzer wurde sie für Spaltkeile genutzt.
Wie gesagt, die 5mR ist seit 15 Jahren KOMPLETT ohne Probleme und hat keine neue Kielsohle oder Ähnliches.
Sie wurde nur ausgeleistet und nachgenietet.
Weitaus besser, als jedes Jahr die gleiche Baustelle wieder aufzumachen und immer neue Lösungen suchen zu müssen.
Nicht nur für den Eigner und dessen Geldbörse, sondern auch für das Boot.

Grüße,
André
Gruß,
André

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André bauer
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Re: Jollenkreuzer Eiche, Bj 1943 restaurieren

Beitrag von André bauer » Mi 27. Mai 2015, 15:57

Ja, das Thema ist unerschöpflich und eine wirkliche Lösung gibts nicht.
Da muß jeder für sich selbst durch...
Gruß,
André

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Lothar

Re: Jollenkreuzer Eiche, Bj 1943 restaurieren

Beitrag von Lothar » Mi 27. Mai 2015, 23:04

Tja,

das Thema ist wirklich unerschöpflich....

Ich sehe es so wie André, Ein Epoxyüberzug ist zwar nicht traditionell, dafür dauerhaft. Ich habs bei meiner kleinen Schäre folgendermaßen gemacht: Alle Fugen, aber wirklich alle ausgeleistet, also Leisten mit Epoxy eingeklebt. Diese Leisten gehen auch "ganz durch, also quasi bis auf die Spanten. So entsteht schon mal eine Art vollverleimter Rumpf. Dann von aussen Glasgewebe drauf. Von innen mit Harz gestrichen. So wandert innen auch Harz unter die Spanten. Ob's viel hilft weiß ich nicht, aber das Schlüsselerlebnis hatte ich vor einigen Wochen, als das Boot aus dem Winterlagebock wieder auf den Trailer gehoben wurde. Da stöhnte und ächzte nichts mehr.

Ich bin der Überzeugung, wenn ein Boot gut durchgetrocknet ist, also einige Jahre in der Halle war, hat die Epoxversiegelung den Vorteil, dass ein Arbeiten des Holzes durch Feuchtigkeitsschwankungen unterbleibt. Meine Schäre stand schon in Schweden nach Aussage des Voreigners 3 Jahre in der Scheune. Ich habe es dann schnellstens von allem Lack befreit, damit der Rumpf gut zuende trocknen kann. Die Holfeuchte der Planken betrug zuletzt nur noch 12 bis max. 14 Prozent.

Übrigens fahren ausser der 5mR auch noch einige andere Boote herum, die mit Epoxy versiegelt sind, erfogreich über die Weltmeere. Nach meiner Meinug ist das beziehen des Rumpfes mit mehreren in Epoxy eingelegten Lagen Furnier auch nichts anderes, da wird nur das Glas durch Furnier ersetzt. Atmen kann da nichts mehr...

Dass man so ein Boot höchst pfleglich behandeln muß sollte jedem klar sein. Wasser darf da eigentlich nie wieder in das Holz eindringen. Also jeden Schaden schnellstmöglich kontrolieren und beheben. Ob das Eiche oder Mahagonie oder wie in meinem Falle Oregon Pine ist, spielt nach meiner Meinung keine große Rolle.

Beim Jolli würde ich mir allerdings ernsthaft Gedanken machen, wie man den Schwertkasten von innen versiegeln will. Wenn da nämlich schonmal Wasser ins Holz eindringen kann, wird das Boot von dort aus recht flott aufgammeln. Ich glaube, der Schwertkasten ist bei sowas der Knackpunkt.

Ach ja, da ich ja eigentlich nur Modellbauer bin, ist die Restaurierung meines Bootes natürlich auch in einem Modellforum dokumentiert:

http://forum.klassik-modellyacht.de/vie ... f=35&t=292

Grüße

Lothar
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