Zugvogel Reparatur

Martin Lamprecht
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Re: Zugvogel Reparatur

Beitrag von Martin Lamprecht » Do 9. Jan 2014, 19:45

Moin Bernd,

da möchte ich jetzt etwas widersprechen. Wie André schon
geschrieben hat: Du *MUSST* das Sperrholz schäften. Nicht
aus optischen Gründen, sondern um Dir zukünftige, viel
größere Probleme zu ersparen.

Dein Rumpf ist nicht zu vergleichen mit einem Haus-Innenausbau.
"Trockenbau" für NICHTtragende Wände = Gestell aus Latten oder
Blech-Winkelprofilen, Rigipsplatten auf Stoß dranschrauben,
Stöße verspachteln und dann alles übertapezieren.

Dein Rumpf ist DAS tragende Bauteil an Deinem Schiff. Und der
Wasserdruck (wirkt senkrecht zur Außenhaut) ist noch das geringste
Problem.
Die Außenhaut muß Zug-, Druck- und Scherkräfte in der Ebene des
Sperrholzes aufnehmen können. Das funktioniert nicht, wenn Du die
Platten nur auf Stoß nebeneinander anbringst - egal wie schön
Du spachtelst.

Besonders im Kielbereich kommen durch Segeln, Seegang, Grundberührung,
Kranen/Slippen, Fahrt auf dem Trailer, Aufpallen im Winter immer
wieder wechselnde Kräfte auf den Rumpf im Bereich der
Kiel/Rumpf-Verbindung.

Wenn nun Dein Plattenstoß keinerlei Zug- und Scherspannungen übertragen
kann, dann wird zweierlei passieren:

1. Finded eine Spannungsverlagerung statt. Da der stumpfe Plattenstoß
keine Spannungen übertragen kann, die äußeren Belastungen des
Rumpfes aber gleichbleiben, müssen die Kräfte eben durch andere
Bauteile aufgenommen werden. Diese werden entsprechend höher
belastet, was sich sicher negativ auf deren Lebenserwartung
auswirkt. Wie schlimm es wird, hängt natürlich davon ab, wie
groß die Flickstelle ist und wo sie liegt.

2. Nahezu unabhängig von der Größe der Flickstelle: Der Stumpfstoß
WIRD aufreißen, wenn er auf Zug oder Scherung belastet wird.
Vielleicht nicht so weit, daß Du massig Wasser ins Boot bekommst,
aber ein mikroskopisch kleiner Spalt wird sich GARANTIERT auftun.
Dann sorgt der Kapillareffekt, daß in diesen Spalt Wasser eindringt,
wenn auch nur tröpfchenweise. Aber das eingedrungene Wasser im Spalt
wird dann entlang der Holzfasern ins Innere der Sperrholzplatte
weitertransportiert und bleibt dort zwischen den Leimschichten
beliebig lange eingesperrt. Dann verfault Dein Sperrholzrumpf
von innen heraus.
Dies meinte André, als er vorschlug, "auch gleich alle
Kanten des abgeschliffenen Rumpfes mit Epoxi zu versiegeln."

Bei Sperrholz ist jede zweite Furnierlage Hirnholz -- und
Holzfasern sind von Natur aus dafür gemacht, Flüssigkeit in
Richtung der Fasern zu transportieren...

Schöne Grüße,
Martin


fg-1064
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Re: Zugvogel Reparatur

Beitrag von fg-1064 » Do 9. Jan 2014, 20:30

Moin Bernd,

meine Vorredner haben recht. Wenn Du an der Stelle sparst, ist es um Deine Schönheit bald geschehen - mit etwas Glück reicht sie dann noch als Blumenbeet... und das wäre viel zu schade - oder?

Grüße!
Jan
André bauer
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Re: Zugvogel Reparatur

Beitrag von André bauer » Fr 10. Jan 2014, 09:28

Moin Bernd,
ohne Schäften kannste es auch genauso gut so lassen wie es jetzt ist, das Ergebnis wird in kurzer Zeit dasselbe sein.

Das ein stumpfer Stoß gar keine Spannung übertragen kann, ist natürlich nicht richtig.
Aber die Klebefläche ist bei einer Schäftung von 1:8 um das 8-fache größer und das ist bitter notwendig.
Wie gesagt, 1:8 ist das Mindeste im Bootsbau.

Und kein Sperrholz kaufen welches nicht AW100 verleimt und für den Außenbereich geeignet ist.
Es gibt auch Bootsbausperrholz für den Innenausbau, Finger weg, es hat dünnere Außenlagen und schlechtere Innenlagen in anderer Holzart.
Für den Rumpfbau Geeignetes ist durchgehend aus einer Holzart.
Dann solltest Du noch drauf achten, ob Dein Rumpf mit Schälfurniersperrholz oder mit Messerfurnier gebaut ist.
Messerfurnier hat eine gerade, ruhige Maserung, Schälfurnier ist unruhig und gilt als optisch minderwertiger.
Das ist allerdings eine rein optische Sache.

Finger weg gilt auch für AW100 Sperrholz in so lustigen Holzarten wie Buche, Esche oder weiß ich was, meist von Händlern verkauft, die selbst keinen Plan haben.
Die Holzart ist keine Sache der Optik, hier geht es auch wieder deutlich um Fäulnisresitenz.
Mahagoni muss es sein, passend zum Boot ausgesucht (Optik) oder auch Teak.
Erhältliche Mahagoniarten in Sperrholz sind Meranti, Okumé, Gabun, Mahagoni, Sapeli.
Die Mahagoniart muß in erster Linie zu den klarlackierten Rumpfpartien passen.
Ansonsten sind Gabun und Okumé weniger hochwertig wie die Anderen.

Händler mit gutem Sortiment sind Georgus in Bremen und Sommerfeld&Thiele in Mölln.

Gruß,
André
Gruß,
André

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www.bauer-naval-design.de
www.v98-seebrise.de (noch nicht umgezogen)
BReuter
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Re: Zugvogel Reparatur

Beitrag von BReuter » Fr 10. Jan 2014, 11:23

jungs, ihr könnt einem aber echt Arbeit bescheren :-).
Aber ich werde die Tipps beherzigen und ordentliche Sache machen. Und danke für die Tipps wegen des Holzes. Das wäre noch eine Frage gewesen. Wie gesagt, auf die Optik kommt es nicht so an weil ja ein Anstrich draufkommt.

Gruß aus Dresden,

Bernd
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