Ausleisten

Rainer Enßlin
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Re: Ausleisten

Beitrag von Rainer Enßlin » Di 13. Mär 2007, 21:29

Hallo Falk und Türben,
ich habe eine Gabun-Jolle (schratz), die sich zuletzt über wasser immmer so zusammengezogen hat, dass sie im sommer bei etwas lage oder zuladung wirklich unmäßig leckte. das ist ja bei ner jolle noch ganz akzeptabel, weil man ja ohnehin fast immer lenzen muss, aber die planken verstellen sich mit der zeit auch und so ist das jährliche anschleifen dann kein spaß mehr, wenn einerseits die reste der herausgequollenen farbe dick neben den fugen auf den planken kleben, dazwischen sich aber schon wieder millimeterbreite fugen gebildet haben. da muss man dann vor dem schleifen erst mal mit dem hobel rüber und manchmal geht eben etwas viel ab. also macht dann einfach viel arbeit.
weil ich ohnehin fast alle nieten nachschlagen musste die wasser zogen, habe ich dann die fällige neulackierung zum anlass genommen und komplett ausgeleistet - was eine schweinearbeit war. da war noch dichtgummi zwischen den planken, durch die sich die fräse gebrannt hat und die schwarzgrauen rauchschwaden in der bootshalle hatten apokalyptisches ausmaß.
aber die leisten dann nur einseitig festzukleben, das übersteigt meine vorstellungskraft. ich bin ja nicht ganz unversiert, aber ich glaube, das ist nur was für echte künstler. man muss also innerhalb von 5 minuten eine sechs meter lange fuge von 4 mm breite wie ein porzellanmaler einseitig einspeicheln - äh epoxieren - , das gleiche mit der leiste machen, dann noch angedicktes rein , das ganze darf nicht zu wenig sein, damits hält aber nicht so viel dass es an die andere seite geht..... also ich weiß nicht. ich hab auch ohne das feingefummel blut und wasser geschwitzt. und wenns dann punktuell doch mal anklebt gibts bei belastung plötzlich die mächtigen knackse, weil de ganze last auf wenige stellen geht

also bei mir sind beide seiten über die ganze plankenstärke geklebt, damits hält und einfach mit sikkens alkydharzlack übergemalt - na ja, es sieht schon ganz gut aus.
es gab bisher (vier jahre) noch kein problem und das holz hat noch nicht über klemmende poren geklagt oder gar die spanten herausgefordert. durch den lack ist jetzt alles prima versiegelt und eine glatte fläche kann man auch wirklich prima in schuss halten. das holz sieht nicht gerade naß aus, also so undicht ist normaler lack schon nicht. ich halte das für viel besser als epxid. alle, die ich im club mit überzogenen booten kenne, haben spätestens nach fünf jahren das große jammern gekriegt. dann nämlich, wenn das boot irgendwann doch mal anfängt zu arbeiten. ein kleiner touch beim anlegen, ein stöckelschuh......, eine im wasser treibende weinflasche, da kriegts du kleinste macken und dann kommt wasser rein ins holz. das hält keine glasmatte, die optisch was hergeben soll. entweder machste so viel schichten drauf, dass das richtig hält, wie z.B. unter wasser, oder aber das finish leidet zwangsläufig. ich kenne von den im wasser liegenden schiffen keine, bei denen eine klarsichtige eindeckung gehalten hätte, ohne nicht nach ein paar jahren luftblasen an spannungsstellen zu kriegen.

im unterwasserbereich hat mal mein vater vor fünfunddreißig jahren leisten einleimen lassen. da hats dann einige spanten zerissen, aber das lag wohl eher an den planken, die aus liegender maserung gebaut waren und sich mächtig geworfen haben. da gibts einfach stellen, die sind die reinsten schwellkörper, 50 cm weiter dann wieder gar nix. und die spanten waren schon angemorscht, weil vorher immer wasser im boot stand.
das boot ist zwar nicht von neckermann, aber der bootsbauer hat eben nicht vor der kräftigen verwendung von splintholz und astlöchern sowie allen anderen arten der mistholzverwertung zurückgeschreckt.

beim ausleisten würde ich das boot vorher unbedingt einfeuchten. wenn du ohnehin danach abschleiftst, kannst du das ja auch vorer schon mal grob anfangen, dann nimmt das boot gut feuchte auf - oder ab. beim bootsbauer oder sonstwo holste dir dann einen feuchtemesser, wickelst das boot in ein folie ein und gibst innen soviel wasser bei, bis das holz die optimale feuchte hat. dann stimmt das auch wieder mit dem normalen feuchtegehalt zusammen, den du dann beim segeln und im winterlager haben wirst.

ich hab den kahn immer in feuchte decken eingeschlagen, als ich mal zu weit in den sommer renoviert habe. fand er gut...
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Rainer
Gast

Re: Ausleisten

Beitrag von Gast » Sa 21. Apr 2012, 12:57

Hallo Rainer,

mittlerweile sind weitere fünf Jahre vergangen.

Wenn Du jetzt berichten könntest, ob sich die Ausleistung Deines Bootes weiterhin bewährt hat, wäre das schon ein Langzeitbericht.

Das ist vor allem auch unter dem Gesichtspunkt - Leisten aus dem gleichen Materal wie die Planken - interessant.

Frage an andere Ausleister:

Welche Plankenholzsorte habt Ihr und welche Holzsorte habt Ihr zum Ausleisten genommen (der Begriff Weichholz ist zu weit gespannt) ?
Selbstverständlich sind auch die anschließenden Erfahrungen mit Zeitangaben interessant.

Gruss

Otto
Gast

Re: Ausleisten

Beitrag von Gast » Fr 25. Mai 2012, 11:18

Hallo,

theoretisiert wurde hier im Forum schon viel darüber.

Gibt es keine Praktiker, die die obigen Fragen beantworten können ?

Gruss

Otto
Fischoer
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Registriert: Sa 16. Jul 2011, 10:40

Re: Ausleisten

Beitrag von Fischoer » Di 29. Mai 2012, 12:08

Moin,

ich kann mal von mir berichten: 20er Jolli von 1938, Eiche, vor 10 Jahren über Wasser mit Mahagonileisten ausgeleistet (beidseitig verklebt). Vor der Aktion lag das Boot 7 Jahre auf dem Trockenen.

Heutiger Zustand: Spanten / Nieten sind nicht gerissen, evtl. gibt es partiell leichte Verformungen des Rumpfes (ob das Ausleisten oder das Alter des Bootes die Ursache sind, kann ich nicht sagen). Im ersten heißen, trockenen Frühjahren sind die Leisten teilweise einseitig abgerissen (so ein bis zwei Gänge pro Seite) und es entstehen jetzt regelmäßig im Mai Spalte bis 1 mm, so dass das Boot dann bei Lage etwas Wasser macht. Sieht dann auch nicht so toll aus, weil halt nur partiell Spalte entstehen, die teilweise von oberhalb der Leiste auf unterhalb der Leiste wechseln. Ich hab das bisher so gelassen, weil sich ab Juni die Spalten in der Regel wieder schließen und das Boot dann auch oben dicht ist. Überlege aber, ob ich mal in einem ganz heißen Frühjahr die Spalten aufsäge und neu verklebe.

Gemacht wurde das damals auf Rat eines Bootsbauers, der meinte, nach so vielen Jahren an Land würden die Planken nicht mehr dichtquellen (was sich als Fehlannahme herausstellte, da unter Wasser ohne Ausleisten alles ok ist). Ich würde es heute bei Eiche nicht mehr machen.

Das mal als Erfahrungsbericht... Viele Grüße, Björn
Gast

Re: Ausleisten

Beitrag von Gast » Di 29. Mai 2012, 13:15

Hallo Björn,

danke für den ausführlichen Bericht.

Er zeigt, daß die Frage nach mehrjähriger Erfahrung berechtigt ist.

Hoffentlich kommen noch weitere Berichte dazu.

Freundliche Grüsse

Otto
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