Bodenwrangenbolzen

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Thomas Tüschen

Bodenwrangenbolzen

Beitrag von Thomas Tüschen » Di 4. Feb 2003, 12:55

Liebe Klassikerkollegen,

bei unserem 50er Seefahrtkreuzer von 1937 rät uns die Werft, die Bodenwrangenbolzen zu erneuern bzw. natürlich erneuern zu lassen. Kiel ab, das halbe Schiff zerlegen und jede Menge Piaster auf den Tisch legen sind die Folge. Nach 65 Jahren seien die Bolzen einfach im Eimer.
Unbefriedigend ist dabei für mich die fehlende "diagnostische Sicherheit". Klar, dass die Reparatur durchgeführt werden muss, wenn sie denn wirklich ansteht.
Meine Frage ist daher: hat jemand eine Idee bzw. Erfahrungen, wie man ohne das Schiff zu zerlegen gewissermaßen von oben an die Bolzen herankommt und ihren Zustand überprüft. Oder kennt jemand indirekte Symptome, die einem helfen den Zustand der Bodenwrangenbolzen zu beurteilen. Ich muß dazu sagen, dass der Rumpf absolut dicht ist, zumindest wenn man nicht allzu rauh durch die Wellen geht.
Ich freue mich auf Nachrichten, und danke schon jetzt für die Mühe mir zu schreiben.

Mit besten Grüßen
thomas
Jan op de Hipt

Re: Bodenwrangenbolzen

Beitrag von Jan op de Hipt » Di 4. Feb 2003, 13:23

Moin Thomas,

ich würde erstmal einen Bolzen ziehen. Und danach entscheiden, ob die übrigen auch dran sind. Ich bin aber, genau wie Deine Werft, der Ansicht, dass die Dinger fällig sind. Meine Empfehlung ist noch das Buch aus dem Palstek-Verlag "Yachtschäden und ihre Vermeidung" . Dort ist recht gut beschrieben, was passieren kann, wenn die Bolzen "rott" sind. Ausserdem kannst Du nach dem Wechsel, die alte Dame dann auch mal wieder "richtig zur Brust nehmen".

Gruss Jan
Thomas Poullain

Re: Bodenwrangenbolzen

Beitrag von Thomas Poullain » Di 4. Feb 2003, 13:24

Moin Thomas,
ähnliche Wechselbäder der Gefühle erlebe ich auch zur Zeit mit meinem 53er Folke. Die Kielbolzen sehen oberhalb der Bodenwrangen wunderbar aus: Gewinde ok, Mutter superklasse, 20 mm Durchmesser unangetastet. Ich habe dann (leider?) auf die Werft gehört und einen Bolzen ziehen lassen. Das Resultat: vom Kielbolzen ist in dem Bereich, in dem er im Eichenholz steckt (Bodenwrange und Totholz) gerade noch 9 mm Durchmesser übriggeblieben. Diagnose: Verzinkte Eisenbolzen haben in nahezu 50 Jahren mit der Gerbsäure der Eiche fröhlich Hochzeit gefeiert. Folge: Alle Kielbolzen erneuern, wahrscheinlich auch die Bodenwrangen (die zerbröseln nämlich auch um die Bolzen herum) Ich lass das lieber jetzt machen, bevor bei Welle 6 der Kiel abfällt **grins**. Das Boot ist ohnehin vollständig zerlegt. Das will ich nicht nochmal machen müssen!
Die Diagnose war beim Folke nicht ganz so aufwändig, da die Kielbolzen durch den Eisenkiel durchgesteckt sind und man sie nach unten herausziehen kann. Wenn das Boot nicht angehoben werden kann, geht das stückchenweise: schieben, abschneiden, schieben u.s.w.
Hoffe ich konnte dir weiterhelfen, ist unter Namensvettern ja sowieso selbstverständlich!
Gruss aus HH - Thomas
Andreas Schipper

Re: Bodenwrangenbolzen

Beitrag von Andreas Schipper » Di 4. Feb 2003, 20:51

Moin zusammen, insbesondere moin Herr Poulain!!!

muss Dich jetzt etwas als treulos abwatschen, so eine wichtige Info per Mail hätte mitr schon gutgetan!! Schliesslich ist mein Folke ja nu auch nicht mehr das jüngste Schätzchen!!!
ABER... um die Frage von Thomas aufzugreifen: Totholz im Bereich eines oder zweier Kielbolzen mit einem großen Durchmesser bis zum Bolzen anbohren. Geeignet wäre ein 20 oder 30 mm Forstnerbohrer.
Da kannst Du dann mit ner Taschenlampe endoskopieren.
Und genau so mach ich das jetzt gleich mal bei meinem Folke.....
Dann seh ich mal was hier so los ist....

Andreas
Andreas Schipper

Re: Bodenwrangenbolzen

Beitrag von Andreas Schipper » Di 4. Feb 2003, 21:39

Moin nochmals....

also.... In den letzten 30 Minuten habe ich folgendes getan:
Einen von sieben Kielbolzen ausgewählt, sinnvollerweise einen tiefliegenden, der am wahrscheinlichsten dauerhaft mit Feuchtigkeit in Kontakt kam.
Anhand der Verschraubungen für die bereits montierten neuen Bodenwrangen konnte ich schnell die Position des Kielbolzens markieren.
Je drei cm davor und dahinter, etwa 4 cm über dem Eisenkiel habe ich zwei tiefe 13 mm Bohrungen gesetzt, das ich also vor und Hinter dem (hoffentlich noch vorhandenen) Bolzen ins Kielholz gebohrt habe.
Diesen Bereich zwischen Löchern und Eisenkiel habe ich ausgestemmt und den Bolzen so an seiner kritischen ´Stelle friegelegt.
Was soll ich sagen? Offenbar haben sich die Bolzen, nachdem das Boot zeitlebens am Badeneysee unterhalb der kruppschen "Villa Hügel" gelegen habt, nicht getraut zu rosten. Die Gerbsäure hat das Holz um den Bolzen herum ordentlich schwarz werden lassen, aber der Bolzen hat nach 39 Jahren noch seine vollen 20 mm Stärke!!!!
Die aktion hat mit einem vollgeladenen Akkubohrer´, einem 100 Gramm Hammer, einem scharfen Stechbeitel und einer Kabellampe 30 Minuten gedauert.
Also Thomas, selber nachsehen lohnt sich nach meiner praktischen Erfahrung sehrwohl, bevor man das Auswechseln von allen Kielbolzen auf anraten gleich komplett in Auftrag gibt.
Hoffe, ich konnte helfen... MIR hats geholfen. Danke für die Anregung, kann sicher jetzt ruhiger weitermachen.
Die Stippvisite soll wohl langen. Alle Bolzen werde ich nicht nachsehen.
Das entstandene Loch werde ich in den nächsten Tagen sauber ausstemmen und mit Epoxy ein Stück Eichenholz einsetzen.
Vielleicht bringe ich Bilder mit nach Hamburg.
Wer kommt zum Wintertreffen?

Andreas
Andreas Schipper

Re: Bodenwrangenbolzen

Beitrag von Andreas Schipper » Di 4. Feb 2003, 21:42

...ein 1000 Gramm Hammer war`s natürlich....
Andreas Schipper

Re: Bodenwrangenbolzen

Beitrag von Andreas Schipper » Di 4. Feb 2003, 21:50

Einen habe ich noch.....

Symthome für vergammelte Kielbolzen sind übrigens zwischen Kiel und Totholz herauslaufende Rostnasen oder "ausbeulendes" Holz, denn Der Rost vergrössert das Volumen des Bolzens und "sprengt" so Bodenwrangen.
Wenn das bei dir der Fall ist, würde ich mal genauer nachsehen.
Ich weiss nicht, ob das klar ist, aber ich habe die Öffnung im Totholz seitlich von aussen angebracht. Von oben, also von der Bilge aus nachsehen wird nicht gehen, denke ich.
Gutes Gelingen und viel Glück!!

Andreas
Harald

Re: Bodenwrangenbolzen

Beitrag von Harald » Mi 5. Feb 2003, 00:44

Hallo Herr Tüschen
Ich kann Ihr Problem wohl verstehen, denn falls ihr 50er von A&R sein sollte, hat sich der alte Rasmussen für die Installation der Wrangenbolzen was ganz tolles ausgedacht. Im Gegensatz zu Folkebooten oder anderen Holzbooten stehen hier die Wrangenbolzen für sich und halten nur die Wrangen mit ihren Spanten am Holzkiel (Balkenkiel). Die Wrangenbolzen haben dann am Holzkiel von unten einen Kopf, an den man nicht herankommt. Der Kiel hängt an separaten Kielbolzen, die nur im Holzkiel stecken. So ist es jedenfalls bei unseren Ziehkind (30er Seefahrtskreuzer A&R 1935). Zum Auswechseln der Wrangenbolzen kann man leider nicht so einfach verfahren wie Andreas das gerne hätte, denn dann kloppt man die Wrangenbolzen durch den Bleikiel. Bei den Rasmussenkonstruktionen muß man dazu tatsächlich den Ballastkiel entfernen, um die Bolzen anschließend auch wieder fachgerecht einbauen zu können. Dann steht mann allerdings auch vor der Aufgabe die Kielbolzen gleich mit auszutauschen. Ich fürchte ohne den Kiel abzunehmen, ist ein fachgerechter Austausch der Bolzen kaum zu machen. Ich muß allerdings sagen, daß wir bei uns vor zwei Jahren die originalen Bronzewrangenbolzen gewahrschaut haben und dabei kein Verfall erkennbar war. Bei solchen aus verzinktem Stahl, kann ich Jan nur beipflichten, daß diese wohl ihr Lebensalter erreicht haben -die sind dann wohl fällig.
Gruß Harald
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