Vorstellung: blutiger Anfänger kauft Zugvogel aus 1969

anfänger
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Vorstellung: blutiger Anfänger kauft Zugvogel aus 1969

Beitrag von anfänger » Fr 13. Mär 2009, 13:33

Hallo liebe Forumsmitglieder!
ich möchte mich und mein Projekt hier vorstellen und,...ach ja, es könnte erheiternd werden: ich habe keine Ahnung und mir gerade ein Holzboot aus dem Jahr 1969 zugelegt.
Ich werde sicherlich die eine oder andere -mehr oder wenig dumme- Frage haben und hab schon vorab fleißig hier gestöbert.
Das ist das Projekt: Schwertzugvogel G1360 der Rhode Werft mit Meßbrief. Vollholz Mahagoni, Trockenlieger, seit 15 Jahren gar kein Wasser gesehen (unter Dach auf Trailer gelagert), Holzrigg, Ausstattung original und komplett, 2 Satz Segel.
Mein Eindruck:
Deck und Überwasserschiff: Lack stumpf, an kleiner Stelle am Vordeck aufgeraut/spröde, sonst übliche Gebrauchsspuren, keine Beschädigungen, Verfärbungen: ich denke in meiner Naivität: abschleifen, mehrmals klar lackieren, schleifen und polieren und gut.
Unterwasserschiff: ein paar Schraubenköpfe am Kielschwein sind sichtbar, wo Trailer aufliegt ist der Lack beschädigt, ein paar kleine Stellen zum ausbessern. Ich denke: schleifen, schadhafte Stellen ausspachteln (Epoxyd), streichen (Primer und anti-fouling) und gut.
Mast und Baum: Lack schadhaft, technisch i.O. Ich denke: alles abschleifen und ölen bzw. lackieren
stehendes und laufendes Gut: in die Jahre gekommen, werde ich komplett wechseln
Beschläge, Klampen: aufpolieren und gut.
Ruderpinne/blatt: Lack spröde und ab, daher: abschleifen, neu lackieren und gut
Cockpit, Bilge: ich hab kein rottes Holz gefunden, keine Verfärbungen, keine weichen Stellen. Meine naive Einschätzung: ich hoffe das bleibt so!!
Schwert/kasten: Stahlschwert angerostet: ausbauen, sandstrahlen, lackieren Schwertkasten: sieht von außen gut aus, aber lieber doch gleich auswechseln??
Meine Fragen: wie kann ich den Zustand von Kiel, Spanten, Boden prüfen ohne gleich alles zu verbohren bzw. zu zersägen?
Sollte ich -wenn ich schon mal dabei bin- gleich alle Schrauben wechseln und überhaupt: erst mal halbherzig sanieren und warten was kommt oder gleich ein "anständiges" Refit? Bin ich bei Euch überhaupt richtig oder soll ich mich mit meiner "nur" Jolle verziehen?

Mein Name ist übrigens Alexander, Werkzeug und Platz ist ausreichend vorhanden, Zeit nur am Wochenende, handwerkliches Geschick mittelprächtig, ach ja und wär schon wenn ich im Herbst (hoffentlich auf diesem Boot) segeln könnte.

André bauer
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Re: Vorstellung: blutiger Anfänger kauft Zugvogel aus 1969

Beitrag von André bauer » Fr 13. Mär 2009, 14:58

Hallo Alexander,
nein, hier bist genau richtig. Mit blinder Leidenschaft fangen hier alle Geschichten an...
Im Freundeskreis gibts viele Jollen, vielleicht sogar mehr als Kielschiffe. :-)

Den Zustand der einzelnen Bauteile kannst Du prüfen, indem Du die Farbe abkratzt und weiter nach dunklen Stellen suchst.
Wenn Du eine gefunden hast, probiere mit einem Marlspieker, Stemmeisen, spitzen Schraubendreher oder so, ob das Holz weich ist.
Viele schwarze Stellen täuschen nur Faulheit vor, d.h hier beginnt Fäulnis zu entstehen.
Also nach Ursachen suchen, z.B undichte Propfen oder zweitausendeinhundersiebenundachtzig andere Möglichkeiten.
Am besten stellst Du mal Fotos ein von den Bereichen, die Fragen aufwerfen.
Warum die Schrauben wechseln, grundsätzlich nichts erneuern, was noch gut ist.
Ist erstens nicht notwendig und zweitens wird einem so ein Projekt dann auch schnell zu viel.
Also langsam anfangen... den Lack mußt Du natürlich machen.

Gruß,
André
Gruß,
André

V98 Seebrise
www.bauer-naval-design.de
www.v98-seebrise.de (noch nicht umgezogen)
Torsten

Re: Vorstellung: blutiger Anfänger kauft Zugvogel aus 1969

Beitrag von Torsten » Fr 13. Mär 2009, 19:31

Hallo Alexander,

willkommen im Club der stolzen Holzbootbesitzer.
Wie Du schreibst würde ich sagen da hast Du eine gute Jolle bekommen. Wie André schon schreibt wechsle nichts auf Verdacht aus. Das ist nicht notwendig. Die gelösten Holzpfropfen solltest Du in Ordnung bringen, den Lack denke ich mal komplett abziehen und mit dem Lack oder Holzöl Deine Wahl neu aufbauen. Bei dem Schwert, wenn Du es schon ausbaust und sandstrahlen lässt, lass es gleich feuerverzinken und dann Primer und Antifouling. Das stehende Gut zu erneuer ist eine gute Idee ebenso das laufende Gut. Die Beschläge kannst Du Dir auch noch im nächsten Winter vornehmen, bei den beweglichen Beschlägen solltest Du aber fetten und die Leichgängigkeit herstellen
Ich denke mal das Du nicht bis zum Herbst warten (arbeiten) musst, um mit der Jolle zu segeln. Mach die notwendigsten Arbeiten und dann segle erst einmal!!

Gruß
Torsten
j.sch.
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Re: Vorstellung: blutiger Anfänger kauft Zugvogel aus 1969

Beitrag von j.sch. » Sa 14. Mär 2009, 09:00

Hallo Alexander, mir ging es bzw. geht es genau so. am 3. Advent 2007 ein Holzboot abgeholt, dann erstmal das nötigste gemacht um segeln zu können. 2008 hab ich gemerkt das ich ein neues Hobby habe - segeln. 2009 kam noch ein weiteres dazu: Holzboot restaurieren. Hier im Forum gibt es immer Hilfe, ich habe bisher auf jede Frage richtig gute Antworten, Tipps oder Hilfe bekommen.
Aber mit dem Ausbessern mit Epoxyd wäre ich vorsichtig, nach dem was ich her gelesen hab ist dies eine endgültige Entscheidung den Rumpf mit Epoxyd zu versiegeln, das Zeug zieht ins Holz ein und an den ausgebesserten Stellen ist es mit quellen vorbei. Frag da bitte nochmal im Forum.
Viel Erfolg und viel Spaß, Jens.
Viele Grüße aus Leipzig, Jens.
Reimund Willig
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Re: Vorstellung: blutiger Anfänger kauft Zugvogel aus 1969

Beitrag von Reimund Willig » Sa 14. Mär 2009, 17:09

Hallo Alexander,
genau: du bist richtig hier! Ich habe dich so verstanden, dass du lediglich stellenweise mit Epoxy reparieren willst, oder? Das geht natürlich. Allerdings musst du dann etwas darauf achten, wie du danach lackierst. 1komponentiger Lack verträgt sich nicht unbedingt mit Epoxy. Es gibt aber auch hier eine Lösung. Ich werde in ähnlicher Konstellation mit Epifanes PP vorlackieren und dann mit 1-Komponentenlack weiter machen. Sicher gibt es aber auch von anderen Lackherstellern vergleichbare Produkte.

Gruß
Reimund


viele Grüße

Reimund
Matthias R (C690)
Beiträge: 27
Registriert: Mo 13. Okt 2008, 06:40

Re: Vorstellung: blutiger Anfänger kauft Zugvogel aus 1969

Beitrag von Matthias R (C690) » Sa 14. Mär 2009, 20:57

Moin Alex,
"nur Jolle" - so was blödes hat man hier selten gelesen. Ein Zugvogel ist was richtig Gutes uns Solides, freu Dich an einem richtig tollen Boot! Herr Erdmann hat mit einem solchen Teil 1990 die ostdeutsche Ostseeküste, die Bodden und die Seenplatte bereist.
Trockenlieger ist ok, wenn es ein Sperrholzboot ist.
Im Prinzip ist das, was Du so vorhast völlig in Ordnung. Kleinere Stellen mit Epoxydharz (angedickt!) zu verspachteln ist gängige Praxis. Ob Du den Schwertkasten tauschen mußt, kannst Du gut erforschen, wenn Du das Schwert ohnehin ausbaust. Dann kannst Du mit einer Lampe von unten hineinleuchten, und auch mal mit einem messer, einem Draht oder sonstwas hieneinpieksen, ob er noch gut (sprich, ob das Holz noch hart) ist. Knackpunkte sind die Nähte von Kastenoberplanke zu Unterplanke und die Verbindung zum Kielbalken. Wenn es da noch einigermaßen passabel ist, laß den Kasten noch stehen.
Kleine Korrektur zur Begrifflichkeit: "Vollholz" meint, daß das Boot aus massiven Planken gebaut wurde.
Der Zugvogel wurde meines Wissens nicht in Vollholz, sondern in Sperrholz gebaut.

Gruß
Matthias (C690 - Jollenkreuzer, also auch eine Jolle, nur eben mit Deckel)
S413
Beiträge: 65
Registriert: Fr 20. Feb 2009, 19:31

Re: Vorstellung: blutiger Anfänger kauft Zugvogel aus 1969

Beitrag von S413 » So 15. Mär 2009, 09:54

Hallo Alexander,

Glückwunsch zum Boot! Als "Anfänger" hast Du dir da mit Sicherheit
erst einmal das "richtige" gewählt. Und das in jeder Hinsicht. Wenn
Du das Boot länger halten willst, würde ich den alten Lack komplett
abziehen und dann neu aufbauen, da weiss man was man hat. An-
sonsten müsste man hier Bilder sehen und nur durch eine visuelle
Betrachtung kann man mit Sicherheit den wahren Zustand nicht ein-
schätzen; Holzboote bergen Überraschungen! "Im Unterwasserschiff
sind Schraubenköpfe sichtbar" hört sich schon fein an. Da würde ich
denn auch gleich mal eben das Unterwasserschif abziehen und neu
aufbauen, sonst hast Du an sowas nicht wirklich lange Freude. Da
war dann auch mit Sicherheit schon mal was feucht. Mein Vorschlag
im UWS 2 x Epoxi (aber vorher genau schauen wie man`s richtig macht)
dann min. 2 x 2-K Unterwasseranstrich, und zum Schluss VC 17m.
Im Überwasserbereich würde ich auf Grund der geringen Fläche
1-K Farbe nehmen. Den Schwertkasten würde ich zuerst mal zufrieden
lassen. Das ist etwas für später, weil man da im SZV auch gut ran
kommt. Man sollte sich im Anfang auch nicht zu viel vornehmen, sondern
alles lieber gründlich machen.

Viel Glück

Frank
anfänger
Beiträge: 13
Registriert: Fr 13. Mär 2009, 13:01

Re: Vorstellung: blutiger Anfänger kauft Zugvogel aus 1969

Beitrag von anfänger » So 15. Mär 2009, 12:47

Vielen Dank für die freundliche Begrüßung. Schön zu wissen, dass man nicht alleine ist. Die bisherigen Reaktionen meines Umfelds auf den Erwerb eines 40jährigen Holzbootes machen einsam. Ich werde nächste Woch das Boot mal in die "Werft", sprich meine Garage verfrachten und erstmal Bestandsaufnahme machen und diese fotografisch festhalten und hier mal präsentieren.
Anfangen werde ich dann von "unten", also Schwert ausbauen und Schwertkasten prüfen, kieloben legen und Unterwasserschiff abschleifen um Zustand zu prüfen, oder? Soll ich dabei "stichprobenartig" Stellen freilegen, nur an den erkennbaren Beschädigungen (Schraubenköpfe, Kratzer) freilegen oder alles abschleifen bis auf die nackten Planken?
Sind Verfärbungen bereits das Signal zum auswechseln für die Planken oder erst wenn das Holz weich wird? Können weiche Stellen ausgeschabt und gespachtelt werden (Epoxi) oder ist das nur eine Verschlimmbesserung?
Der Zugvogel hat doch einen Doppelboden, stimmts? Wie erkenne ich denn, wie es da drin aussieht? Besonders der Zustand der Spanten?
Macht es einen Unterschied für die anstehende Behandlung des Holzes, dass das Boot keinen Wasserliegeplatz bekommen wird?
Schöne Grüße
Alexander


Matthias R (C690)
Beiträge: 27
Registriert: Mo 13. Okt 2008, 06:40

Re: Vorstellung: blutiger Anfänger kauft Zugvogel aus 1969

Beitrag von Matthias R (C690) » So 15. Mär 2009, 14:00

Also, ich meine, der Zugvogel hat keine Planken, sondern ist aus Sperrholz. Das hat Vorteile, weil das Ding eigentlich immer dicht ist.
Kleine Beschädigungen, so etwa Geldstückgröße, kannst Du einfach mit Epoxydharz zuspachteln. Andicken mit Holzmehl / Schleifstaub.
Alles abschleifen ist eine ziemlich ultimative Methode, das Boot gut kennenzulernen. Wenn das Boot aber insgesamt einen guten Eindruck macht, mußt Du nicht alles auf einmal machen. Das Frühjahr rückt ja unaufhaktsam näher, und die größte Motivation zur Bootsarbeit ist, damit zu segeln.

Viele Grüße und viele Freude mit Deinem Schätzchen

Matthias (C690)
S413
Beiträge: 65
Registriert: Fr 20. Feb 2009, 19:31

Re: Vorstellung: blutiger Anfänger kauft Zugvogel aus 1969

Beitrag von S413 » Mo 16. Mär 2009, 11:39

Hallo Alexander,

auf Grund Deiner Beschreibung des Schwertkastens und der
Innenansicht Deines Bootes bin ich davon ausgegangen, dass
Du bei deinem Zugvogel keinen Doppelboden hast; sollte das
anders sein, müssen hier Inspektionsdeckel drin sein, die im
Winterlager auch unbedingt offen sein sollten. Halte da dann
doch einfach eine Digicam rein und mach Bilder. Das geht !

Gruß

Frank
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