Vorstellung und erste Fragen zur Restauration einer O-Jolle

Piper
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Vorstellung und erste Fragen zur Restauration einer O-Jolle

Beitrag von Piper » Mi 24. Apr 2013, 10:51

Hallo zusammen,

ich bin seit kurzem stolzer Besitzer (Bewahrer) einer O-Jolle. Segelnummer G677. Ich lese seit einiger Zeit schon fleissig mit und versuche mir einen Plan für die Restauration zurechtzulegen.
Ich habe vor Jahren zwei Boote (Motorboot und Holzpirat) mit meinem Vater restauriert. So ein wenig Erfahrung im Umgang mit Holz ist also vorhanden.

Nun stellen sich mir ein paar Fragen. Ich würd mich freuen, wenn mir jmd aus diesem Forum helfen könnte.;)


1.) Die Jolle hat leider weder Messbrief noch sonstige Papiere. Kann ich den Messbrief mit der Segelnummer irgendwo herbekommen?

2.) Das Deck ist mit 10mm Vollholzmahagoni beplankt und in den Fugen sind Kieferleisten(? helles weiches Holz) eingebaut!? Kann das sein? Der alte Lackaufbau ist genau an den Fugen geplatzt und manche Fugen sind aufgegangen. Also die Fuge ist geplatzt als sich die Planke nach oben gelöst hat!? Die Spalten liegen im Bereich von 0,5 bis 1 mm. Leider ist auf der BB Seite das Deck lose und wölbt sich nach oben. Der Decksunterbau ist unbehandelt. Da wurde wohl auch schon mit irgendeinem Kleber gearbeitet. Dieser hat eine etwas ungewöhnliche Schaumkonsistenz?! Was kann das sein? Wurde damit das Deck geklebt? Ich will den Keber entfernen und die losen Planken neu verleben/verschrauben (V4A/Epoxi) Ist das ok? Kann ich die verbeibenen Fugen nach dem Befestigen mit Epoxi ausgiessen?

3.) Der Rumpf hat Lackabplatzungen im Bugbereich und am Spiegel. Sonst keine sichtbaren Risse oder Spalten im ÜW Bereich. Der Lack hält noch gut und hat Glanz. Leider ist der Rumpf im UW Bereich mit Matte zugeharzt und so ist der Zustand darunter nur schwer zu beurteilen. Am Schwertkasten ist auch von innen billig Matte mit Epoxi aufgebracht worden.
Am Rumpf wollte ich folgendermassen vorgehen:
-ÜW Farbe runter und neuer Lackaufbau nach dem Schleifen, innen Holzöl
-UW Beschichtung ab, wenn nötig Schwertkasten sanieren, danach Primer und Antifouling

Soweit der Plan... Aber:

Kann ich ein Boot das 6 Jahre kein Wasser gesehen hat einfach so Streichen?? Aussen Epifanes innen Öl?
Die Spanten im Bereich der Bilge sind zum Teil angerottet. Ich reiche ein foto nach. Betroffen ist nur untere gerade Bereich zum Kielbalken hin. Sollten diese ersetzt und angeschäftet werden?? Wo bekomm ich die eigtl her?? Welches Schraubenmass/Kupfernietmass muss ich nehmen?
Gibt es Infos zum Bau/Reparatur eines OJollenschwertkastens? Die Bilder der (wunderschönen) "Gamle Jenta" waren hilfreich aber vielleicht hat ja jmd eine Detailzeichnung?

Ist es eventuell auch möglich/sinnvoll, dass ich mich erstmal auf Deck und Bilge ( evtl Schwertkasten abdichten) konzentriere und den Rumpf nur an den beschädigten Stellen lackiere und das Boot erstmal segelklar mache und diesen Sommer segle??

Fragen über Fragen...

Und jetzt an alle einen schönen Tag bei diesem Wetter!;)

Vg

Sven
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André bauer
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Re: Vorstellung und erste Fragen zur Restauration einer O-Jolle

Beitrag von André bauer » Mi 24. Apr 2013, 14:10

Hallo Sven,
1) Weiß ich nichts drüber.

2) Wegen den Fugen im Deck brauchst Du Dir keine Sorgen machen.
Nach 6 Jahren an Land sind 0,5-1mm kein Problem, das zieht sich einfach dicht.
Auch mit dem Lackaufbau ist das soweit ok, allerdings sollte vermieden werden, das zuviel Lack in die Fugen läuft. Die Fugen werden dann durch Lacktropfen unregelmäßig und können sich schlechter schließen.
Die beste Möglichkeit wäre, feuchte Jutesäcke ins Boot/aufs Deck auf den alten Lack zu legen, die Fugen schließen sich dann.
Dazu muß die Lackierung relativ schnell gehen, also täglich eine Schicht über 8-12 Tage.
Ansonsten trocknet das Holz auch wieder ab, je nach Standort.
Am besten wäre eine alte Halle mit dicken Mauern.
Feuchte Säcke auf das rohe Holz legen geht auch, hinterläßt aber Trocknungsränder, die man wieder schleifen muß.
Anbieten würde sich also erst das Deck zu befeuchten, dann abziehen, schleifen und lackieren.
Danach das Gleiche innen. Der Lack hält viel Feuchtigkeit im Holz, also erst einen Bereich und dann den Nächsten.
Das Deck mit den Kieferfugen kann durchaus so gebaut worden sein.
Was bedeutet "das Deck wölbt sich nach oben" ? Wie genau hast Du vor das Deck zu verschrauben?
Der Kleber könnte sowohl PU als auch Epoxi sein, wenn er dunkelrot bis schwarz ist, kann es auch Resorcinleim sein.
Resorcinleim ist normal nicht schaumig, nur Tropfen die neben der Leimstelle hängen können mal so aussehen.
Bei Epoxi kommt es drauf an, wie es angemischt wurde und PU kenn ich nur von Anderen.

Also kein Epoxi in die Fugen, gießen geht sowieso kaum bei so dünnen Fugen.

3) Bevor ich mir die Arbeit mache, das Boot über Wasser komplett abzuziehen, würde ich doch mal abwarten, was sich unter dem GFK versteckt.
Also entweder gleich alles machen oder erstmal so lassen und vielleicht nur drüber lackieren.
Die Stellen wo Lack ab ist vorher ensprechend oft vorlackieren und dann zum Schluß 1-2 mal im Ganzen drüber.

Die Spanten müßten noch genauer definiert werden:
Wenn das angefaulte Ende ziemlich kurz ist, kann es angeschäftet werden.
Unbedingt auf liegende Jahresringe achten, sonst spalten sie leicht auf beim Schrauben oder Nieten.
Gerade Stücke hobelt jede Tischlerei, gebogene Spanten macht man besser im Winter mit frisch geschlagenem Holz.
Schrauben- und Nietgrößen aus der Zeichnung nehmen oder vom Boot abgucken.
Um Spanten zu reparieren/wechseln, müssen die Schrauben/Nieten sowieso raus.

Natürlich kann man auch Teilreparaturen machen, da sind zur Beurteilung aber mehr Fotos notwendig.
Wozu brauchst Du noch einen Bauplan? Es sind alle Infos am vorhandenen Kasten da...
Solang der Vorhandene nicht offensichtlich nachträglich reingepfuscht wurde: Einfach nachbauen.

Grüße,
André
Gruß,
André

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Piper
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Re: Vorstellung und erste Fragen zur Restauration einer O-Jolle

Beitrag von Piper » Mi 24. Apr 2013, 14:53

Hallo Andre,

vielen Dank für deine schnelle Antwort.
Mit dem Deck gibt es 2 Probleme.
Zum Einen haben manche Mahagoniplanken eine Wölbung. Diese ist nur zu erfühlen. Ich glaube da der Lack an den Rändern kaputt war ist Feuchtigkeit eingedrungen und das Holz ist an eben diesen Rändern gequollen. In der Mitte der Planke ist diese ein wenig tiefer als an den Fugen... Das meinte ich mit "wölbt sich nach oben"
Das zweite Problem ist der Unterbau an manchen Stellen. Am Bug ist alles fest mit dem Unterbau verbunden. Am Seitendeck allerdings lassen sich die Planken ca 2-3 mm nach oben und unten bewegen. Ich mach mal ein Foto sobald ich daheim bin. Dort haben sich die Planken von den Decksbalken gelöst. (Ich glaube die heissen so) dort befinden sich auch die Klebereste. Wird wohl Resorcin sein. Das Zeug ist dunkelrot und hat eine bröselige schaumartige Konsistenz.(Reste,die neben rausgelaufen sind)
Ich dachte das Deck ist in die Decksbalken geschraubt und verklebt?! Ich wollte normal vorbohren und dann mit A4 Schrauben die Planken auf die Decksbalken aufschrauben. Vorher die Decksbalken mit Epoxi bestreichen und nachher die Schraubenlöcher verpfropfen. ( wie tief muss so ein Propfen im Holz sein? ich hab ja nur 10 mm Planke) Wird das so gemacht? Oder nur mit Epoxi kleben? Immerhin kommt man mit Zwingen gut hin...

Spanten werd ich am Freitag fotografieren und einstellen.
Ich hoffe das klappt mit dem Schwertkasten. Mir ist die Verbindung und Abdichtung zum Kiel nicht ganz klar... Aber wir werden sehen...;)

Danke und Vg

Sven
boyus
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Re: Vorstellung und erste Fragen zur Restauration einer O-Jolle

Beitrag von boyus » Do 25. Apr 2013, 06:46

Hallo Sven,
Glückwunsch zur O-Jolle!
Auf der O-Jollenvereinigungssite findest Du die Klassenvorschriften mit detaillierten Massangaben der einzelnen Bauteile.
Wo liegt Deine Jolle ?
Gruß Arndt
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André bauer
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Re: Vorstellung und erste Fragen zur Restauration einer O-Jolle

Beitrag von André bauer » Do 25. Apr 2013, 16:54

Hallo Sven,
Holz arbeitet, heißt es quillt und schwindet nicht nur, sondern es wirft sich auch.
Je breiter ein Brett bzw. eine Bohle Holz ist desto mehr wirft es sich oder verändert die Maße.
Außerdem ist das Werfen abhängig von der Lage der Jahresringe, bei liegenden Ringen wirft es sich mehr als bei stehenden.
Daher wölbt sich das Holz in der Mitte einer Decksplanke nach oben.

Wenn das Deck nur stellenweise verklebt ist bzw. wird, holt man sich nur noch mehr Probleme ins Haus.
An anderen Stellen wird sich das Deck wegen der auftretenden Kräfte durch Quellen/Schwinden usw. und durch das Segeln auch von den Balken lösen.
Darum also entweder alle Decksplanken leimen/kleben oder gar nicht.
Die Vorgehensweise zum Schrauben ist soweit korrekt, 10mm ist natürlich echt dünn.
Wie tief sind denn die Schrauben jetzt versenkt? Die Planken müssen ja jetzt auch geschraubt sein.

Besorg Dir mal ein Buch über Holzkunde und dazu noch "Holzboote reparieren und pflegen" von Thomas Larsson.
Man kann nicht einfach so mal was reparieren oder austauschen ohne den Werkstoff zu kennen,
das geht auf Dauer nur schief, weil es so unendlich viele Fehlerquellen gibt...

Gruß,
André
Gruß,
André

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nvonholdt

Re: Vorstellung und erste Fragen zur Restauration einer O-Jolle

Beitrag von nvonholdt » Do 25. Apr 2013, 21:04

Guten Abend,
meine O-Jolle hat auch ein massives Mahagonideck, 10mm dick.
Dieses ist nur genagelt. Der Nagelkopf ist versenkt und mit Holzkitt abgedeckt. Das Deck ist mit den Decksbalken nicht verleimt!
Ich würde das Deck nicht mit den Decksbalken verleimen. Ich befürchte, daß beim Quellen/Schwinden des Decks die Planken Schaden nehmen.
Es wölbt sich hier und dort ein wenig, je nach Holzfeuchte. Wichtig ist m.E. nur, daß die Planken gegeneinander genug Platz haben, um quellen zu können. Ich habe die alte "Fugenmasse" entfernt, dann alles lackiert und das Boot quellen lassen. Nach drei Tagen veränderten sich die Decksfugen nicht mehr und dann konnte ich die Fugen neu versiegeln. Die Versiegelung ist natürlich beim Trocknen wieder abgerissen, da Sikaflex das Schwinden des Holzes nicht auffangen konnte, jedoch wird später. beim Segeln, der Abriß nicht mehr sichtbar sein, da dann die normale Holzfeuchte wieder erreicht sein wird.

Gruß
N.von Holdt
Piper
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Re: Vorstellung und erste Fragen zur Restauration einer O-Jolle

Beitrag von Piper » Sa 27. Apr 2013, 17:46

Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Antworten. Ich hab die letzten zwei Tage in der Werkstatt verbracht. Entschuldigt die späte Antwort.
So langsam lichtet sich der Nebel und ich bekomm langsam einen Überblick. Die Planken gehen an den Seiten leicht hoch. Nicht in der Mitte. Das Deck ist definitiv mit Resorcin geklebt und verschraubt bzw. vernagelt. Eine Schraube habe ich schon gesehen. Sie war daneben geschraubt aber ich glaube, dass sie von einer nachträglichen Reparatur stammt. Lose sind ca. 4 Decksbalken. Dort hat sich der Leim gelöst.
Ich werde diese wieder verkleben und zusätzlich verschrauben.
Sonst sind nur kleinere Reparaturen am Deck zu machen. Die Fugen sind mit Kiefer ausgeleistet. Die Risse sind nur klein.(siehe Foto) Sind solche Risse mit Lack zu überbrücken?
Innen hab ich angefangen die aufgespachtelte Epoximasse zu entfernen. Geht eigentlich ganz gut.
Ich hab mal ein paar Fotos von den Spanten gemacht. Welche würdet ihr austauschen?

Noch eine Frage... Ich hab mich immer gefragt warum links und rechts neben dem Schwertkasten zwei Lecks geflickt werden mussten...?! Da waren wohl mal Elvström Lenzer eingebaut. Hat jmd Erfahrung mit diesen auf der OJolle? Die Gamle Jenta hat das doch auch?! Sind die funktional und zu empfehlen?

Viele Grüße und ein schönes WE

Sven

Ps. Der Larsson ist schon durchgearbeitet. Bin grad am Eichler... Das Boot steht in der Nähe von Frankfurt/Main (Seligenstadt) und soll in Berlin, Leipzig und vlt auch mal auf den Voralpenseen segeln...;)
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Re: Vorstellung und erste Fragen zur Restauration einer O-Jolle

Beitrag von André bauer » So 28. Apr 2013, 09:01

Moin,
Überbrücken von Fugen mit Lack: siehe meinen ersten Beitrag...

Sind die Decksbalken lose oder das Deck über den 4 Balken?
Wenn Decksbalken lose sind, wird das etwas aufwendig, die wieder zu verleimen ohne das Deck abzunehmen.

Im Larsson steht auch sehr viel über Lack, insgesamt ist das Buch so aussagekräftig, das sich viele Fragen auflösen bei aufmerksamen Lesen.

Grüße,
André
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André

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Re: Vorstellung und erste Fragen zur Restauration einer O-Jolle

Beitrag von Piper » So 28. Apr 2013, 13:50

Hallo Andre,

was meinstn zu den Spanten??

Vg

Sven
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Re: Vorstellung und erste Fragen zur Restauration einer O-Jolle

Beitrag von André bauer » So 28. Apr 2013, 20:51

Hallo Sven,
wenn die Fotos die schlechtesten Stellen zeigen, keine Sorge.
Ein Spant scheint einen kleinen Riß zu haben, war aber nicht so gut zu erkennen.
Den kann man mal beobachten, insgesamt braucht das Boot innen Lack oder Öl und das GFK muß vorher runter.
GFK außen kann ok sein, innen schadet es meist.
Wenn von außen ein Leck im GFk ist, auch nur ganz klein dringt das Wasser ins Holz ein und
kann auf der Innenseite nicht wieder raus.
Zum Austreten auf der Innenseite muß es ausdiffundieren können (verdunsten) und dazu ist
eine große Oberfläche nötig, die es nicht hat wenn innen GFK ist.

Gruß,
André
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André

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