Lenkbarkeit eines Bootes....

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DasB

Lenkbarkeit eines Bootes....

Beitrag von DasB » Fr 7. Jan 2005, 12:52

Hallo Ihr da,
meine Freundin ist Design-Studentin und bastelt gerade an einem Projekt.
Dabei handelt es sich um eine sog. "Proa", also ein bootsähnliches Fahrzeug mit einem Ausleger. Das Boot hat die Form eines Kanus, Bug und Heck sind identisch geformt.Als Segel dient ein Kite...ein Schirm also.

Man sitzt auf einem Rollsitz, welcher zwischen zwischen Boot und Ausleger bewegt werden kann, während man mit den Füßen auf dem Boot ist, bewegt man sich auf dem Sitz rückwärts in Richtung Ausleger, um, entsprechend den Windverhältnissen..sein Gewicht verlagern zu können.
Den Wind im Rücken...kann man dann den Schirm (wie einen Drachen eben)..in einem bestimmten Windfenster nach recht oder links stellen, woraufhin, das Fahrzeug eben in die eine oder die andere Richtung fährt.Aber immer im rechten Winkel zum Wind.Hin und her. Bug wird zu Heck und umgekehrt.

Sie ist nun der Meinung, die volle Lenkbarkeit des Fahrzeugs wäre alleine durch Gewichtsverlagerung auf dem Boot möglich, weil ja dann das Boot durch die Rundung der Seitenwände vom Wasser in eine Richtung gedrückt würde. Neigt man das Boot nach rechts, fährt es nach links und umgekehrt.
Ich hingegen bin mir ziemlich sicher, daß das mit Sicherheit nicht, oder nur in unausreichendem Maße funktionieren wird, zumal ich das Boot kaum zu der Seite neigen kann, wo der Ausleger ist. Das würde diesen unter Wasser drücken und eine Drehung des Bototes um dessen Achse bewirken..nicht in die entgegen gesetzte Richtung. Ist das nicht so?
Da es sich um ein Sportgerät handelt, erwarte ich natürlich auch eine gewisse Flexibilität. Was ist denn, wenn ich nun mal voll "mit dem Wind" fahren, also mit der Fahrzeuglängsachse in Windrichtung fahren will??? In diese Richtung bekomme ich das Boot doch niemals in angemessener Zeit bewegt, wenn ich keine Steuereinrichtung habe. Bei einem Surfbrett habe ich ja aufgrund der Bauart und des Segels ja eher noch die Möglichkeit, das Board unter meinen Füßen in die gewünschte Richtung zu drehen.
Und daß ich gegen den Wind nur durch Kreuzen voran komme...ist mir schon klar..aber sagt mal...ein Ruder muß doch in jedem Fall an das Ding? Helft mal.

P.S. Ich bin nur ein Maurer...ohne Studium oder Abi...aber irgendwie paßt das mit meinem Verständnis von Logik und Fahrphysik alles nicht.

Ingo List

Re: Lenkbarkeit eines Bootes....

Beitrag von Ingo List » Fr 7. Jan 2005, 14:50

Das Ding braucht sowohl Ruder als auch am besten Schwerter. Ohne Schwert (oder tiefgehende Rümpfe) treibst Du sowieso immer etwas in Windrichtung und dann klappt das nie mit dem kreuzen...

Die Gewichtsverlagerung ist nicht geeignet, überhaupt zu lenken. Durch Gewichtsverlagerung auf der Querachse änderst Du ausschließlich die Größe Deines Lateralplans, also insb. Deine Abdrift und Schräglage. Auch ein Surfbrett wird NICHT durch Gewichtsverlagerung gesteuert (es hilft Dir gar nichts, den Hintern auszustrecken oder 'reinzuziehen), sondern durch Verdrehung des Brettes gegenüber dem Rigg. Selbiges kann natürlich auch mit einem Kite erfolgen: An den Leinen unterschiedlich ziehen...

Wenn die Steuerleinen des Kites fest sind, kannst Du soviel hin- und herrutschen wie Du willst, der Kurs wird sich nicht ändern. Jedenfalls nicht, wenn Du in der Mitte der Proa 'rumrutscht. Und das musst Du ja aus Symetriegründen machen.

Davon abgesehen ist die ganze Idee auch mit einem Katamaran oder Einrumpfboot zu verwirklichen. Und wahrscheinlich besser. Bedingung ist natürlich, daß die Rümpfe symetrisch sind und Deine Ruderanlage ebenso!. Als Einrumpfboot kannst Du im Prinzip eine(n) Kanu(-Zweimaster, ich halte ein Kite für eine Schnappsidee) nehmen (siehe u.a. das Buch "Canoe Rig: The Essence and the Art" bei amazon.com), ggf. mit Ausreitplanke wie bei www.intcanoe.org. Als Katamaran bleiben eigentlich auch als Rümpfe nur Kanus wegen der Symetrie.

Die Idee, daß ein Kanu, wenn es schiefliegt, eine Kurve fahren würde ist übrigens auch - sagen wir mal freundlicherweise: interessant. Schon mal ausprobiert?

Aber davon abgesehen: Was hat das alles mit klassischen Yachten zu tun?
axel

Re: Lenkbarkeit eines Bootes....

Beitrag von axel » Fr 7. Jan 2005, 17:35

ingo,
wenn ich deine ausführungen bzgl. surfbrett etwas ergänzen dürfte:
richtig ist, dass ein brett mit der riggneigung (vor/zurück) sehr präzise gesteuert werden kann.
mit zunehmendem wind tritt jedoch diese art der steuerung mehr in den hintergrund: du steuerst mit den füssen durch ankanten des brettes.
bei brettgeschwindigkeiten von 20-25kn ist dies sehr effektiv. bei windstärken von 6-7 bft könntest du das segel beim "kippen" nicht beherrschen. du kannst aber durch ankanten slalom fahren.
gewichtsverlagerungen helfen wie bei eine jolle durchaus kurse am wind zu fahren und den lateraldruckpunkt nach vorne zu bekommen.
wie das ganze bei einer proa funktionieren soll, ist mir allerdings nicht klar...
DasB

Danke erstmal...

Beitrag von DasB » Fr 7. Jan 2005, 18:49

Hast also genau SO geantwortet, wie ich ihr das auch schon erklärt hatte. Da ich aber weder Wassersportler noch Bootsbauer bin...hat sie meine Zweifel aber offensichtlich nicht ernst genommen.
Dank Dir hat sie es aber nun amtlich. Jetzt stehe ich mit meinen Vorstellungen nicht mehr da wie ein Fantast.
Nun geht es darum, daß ja 2 Ruder ans Fahrzeug müssen. Meine Freundin meinte, daß sie die so machen will, daß man sie nach Bedarf ins Wasser hängen oder aus dem Wasser hochziehen kann. Je nachdem, wo gerade das Heck ist. Ich finde das reichlich umständlich...Ich will doch nicht bei jedem Richtungswechsel aufstehen, auf dem schmalen Bootskörper entlangturnen, um irgendwelche Ruderblätter ein-oder auszufahren. Und da wieder eine komplizierte Mechanik zu entwickeln...nee.Ich wüßte auch nicht, wo das Problem sein soll, wenn beide Ruderblätter untrennbar gleichzeitig betätigt werden. Der Lenkbarkeit wäre das sicher alles andere als abträglich.

Ich setze mich nochmal mit ihr hin...ich bin ja mehr der Praktiker...und dann wird das schon.

P.S.Das Ding ist halt ein Projekt..eine Design-Studie. Wie ich gehört habe, scheint es den Uni-Professoren (vielleicht aus Unwissen) egal zu sein, ob das Ding überhaupt fahrfähig ist. Das Ding soll nur gut aussehen. Ich dagegen weigere mich, entgegen Vernunft und physikalischer Gesetze zu entwickeln.
Warum ins Yachtforum??? Es war das einzige Forum, welches ich auf die Schnelle gefunden habe und in dem ich Leute mit Ahnung erwarten konnte. Und das scheint ja zu stimmen. Danke

axel

Re: Lenkbarkeit eines Bootes....

Beitrag von axel » Fr 7. Jan 2005, 19:42

du könntest aber auch hier kucken:

www.boote-forum.de
Ingo List

Re: Lenkbarkeit eines Bootes....

Beitrag von Ingo List » Fr 7. Jan 2005, 21:59

Natürlich kann man beim Surfbrett mit der Riggneigung präzise steuern, weil ich die Position des Segelschwerpunktes gegenüber dem Lateralplanschwerpunkt ändere. Gewichtsverlagerungen helfen aber nur, wenn Sie in Längsrichtung und nicht in Querrichtung erfolgen, da sie eben genau dieses Verhältnis der Schwerpunkte ändern müssen. Ich will nicht ausschließen, dass ich mich da irre (bin nie gesurft). Die Idee einer Gewichtsverlagerung in Querrichtung bei einem völlig symetrischen Boot zur Lenkung halte ich allerdings für wenig zielführend. Zumal bei einem Kite im Gegensatz zum normalen Rigg auch keine Effekte wie Verlagerung des Segelschwerpunktes durch partielle Abdeckung und unterschiedliche Anstömung der Segel erfolgen kann.

Insofern und unter ausdrücklicher Berücksichtigung der Antwort von Axel: Die Proa in dem vorgeschlagenen Aufbau wird sich nicht durch den Gleitsitz lenken lassen.

Also nach wie vor: Du brauchst Ruder und Schwerter um das Ding effektiv zu steuern und kreuzen zu können.

Die Idee, zwei Ruder an den Enden symetrisch anzubauen, wird glaube ich schwierig. Die Ruderform muss absolut symetrisch zur Lenkachse sein, sonst wird es auf einem der beiden Kurse immer ausbrechen.
Ingo List

Re: Lenkbarkeit eines Bootes....

Beitrag von Ingo List » Fr 7. Jan 2005, 22:28

Ich stelle nach einer längeren Diskussion mit einer Paddlerin meine eigene Aussage, daß ein Kanu bei Schräglage weiter geradeaus laufen würde, in Frage. Sie meinte, zumindest bei Kajaks würde man zur Unterstützung der Lenkung das Boot schräg legen.
Ob das bei einer Proa gehen würde, wäre noch die Frage, da die ja kaum schräg liegen wird. Auch haben Segelboote eigentlich nicht die Tendenz wegen Schräglage gleich Kreise zu machen....
axel

Re: Lenkbarkeit eines Bootes....

Beitrag von axel » Sa 8. Jan 2005, 07:41

wie DasB schon ausführte: das ding soll gut aussehen, funktionieren muss es nicht! und dann ist es eben ein "designer-stück"....

@ingo: schade, dass du nie "den wind in den händen hattest". es schult sehr das gefühl für´s manövrieren und reaktion auf segelstellung, auch beim schiff. ausserdem ist surfen so etwas von rasend schnell, wenn man will, ein absolutes erlebnis!
DasB

Ich Danke Euch allen...

Beitrag von DasB » Sa 8. Jan 2005, 13:53

für die rege Anteilnahme und die Ratschläge...
Wie sagt man.."Mast-und Schotbruch"?:-)
Frank

Re: Lenkbarkeit eines Bootes....

Beitrag von Frank » Mi 12. Jan 2005, 18:10

Hier mal Grundsätzliches zu einer Proa

Als die ersten Entdecker in der Südsee Boote sahen ( eben Proas ) waren die Entdecker mit Ihren schweren Pötten über die Geschwindigkeit der Proas verwundert.
Die Geschwindigkeit kommt daher zustande , dass eine Proa durch die Konstruktion des Segels ( Bogenförmig wie eine Tragfläche ) aus dem Wasser gezogen wird. Die Dinger waren übrigens bis über 20 Meter lang. Daher ist die Fortbewegung irgend etwas zwischen fahren im Wasser und fliegen. Deshalb kann man die Sache nicht nur hydrodynamisch sehen. Schwert und Ruder kann daher sehr gut funktionieren. Nur sollte je nach Fahrtrichtung das vorausfahrende Schwert feststellbar sein und in die andere Richtung
das Schwert zum Ruder werden und umgekehrt.
Bei einem Katamaran wird über die Hebelkräfte am Rigg der Luvrumpf aus dem Wasser gezogen und der Andere reingedrückt, bei einer guten Proa wird der Rumpf herausgezogen und der Schwimmer stabilisiert nur, daher ist eine Pro vorn und hinten immer gleich und eben auch schneller.

Gruß Frank
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