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Thermoholz / Thermoesche

Verfasst: Sa 4. Okt 2014, 19:28
von helmsman-2
Mich würde einmal interessieren, ob über die Verwendung sogenannten Thermoholzes , inbesondere Thermoesche (welche Arten gibt es noch?), im (auch gewerblichen) Bootsbau schon Erfahrungen, besonders Langzeiterfahrungen, vorliegen.

Es handelt sich hier um in einem besonderen Verfahren thermisch behandeltes Holz, das dadurch sehr fäulnisresistent (Resistenzklasse 1) und dimensionsstabil werden soll.

Solches Holz wird unter anderem für Terrassendielen verwendet. Ich habe gerade ein Muster davon da, die Farbe ist ein schönes Dunkelbraun, auch im Inneren, ähnlich dunklem Mahagoni, Gewicht ca. 700kg/m³ (also relativ schwer). Möglicherweise gibt es auch leichtere Holzarten, die so behandelt werden.

Ich fände das Holz interessant, da es optisch gut aussieht, ökologisch unbedenklicher als Tropenholz ist, da aus heimischem Bestand und weil es auch günstiger ist.

Ich überlege die Verwendung zunächst versuchsweise bei einer Cockpitgräting, die aus Gründen der Rutschsicherheit unlackiert und auch anderweitig unbehandelt bleiben soll (anstelle von Teak). So ein nicht fest verbautes Bauteil kann man ja ggf. relativ einfach ersetzen.

Aber wäre die Verwendung auch für fest verbautes, strukturelles Holz denkbar?

Über sachlich qualifizierte Antworten würde ich mich freuen.

Viele Grüße
Klaus

Re: Thermoholz / Thermoesche

Verfasst: Sa 4. Okt 2014, 20:31
von André bauer
Hallo Klaus,

ich weiß, das Lürssen damit erfolgreich Versuche für Teakdecks gemacht hat.
Ein Freund von mir hat die Versuche selbst gemacht.
Sowohl in optischer als auch technischer Hinsicht wohl erfolgreich.
Das ist aber leider auch alles was ich aus ihm rausholen konnte.
Unterliegt natürlich strengster Geheimhaltung welches Holz, wie genau behandelt und wie verarbeitet wurde.

Es wird also wohl noch dauern, bis das Wissen auch für uns verfügbar ist.

Grüße,
André

Re: Thermoholz / Thermoesche

Verfasst: Sa 4. Okt 2014, 20:55
von bob57
Einer meiner Kollegen hat Terrassendiele aus TMT Esche verlegt, das Ergebnis war zunächst eher dürftig.
Die Dielen wurden vorgebohrt verlegt und auf eine Fichten-Balkenlage verschraubt. Die Verwendung eines hochwertigen Akku-Schraubers mit falsch eingestellter Leistung ließ die Dielen beim Verschrauben bei den letzten Umdrehungen reissen wie Papier.

Der Fehler wurde abgestellt, soweit es ging, aber ob eine ausreichende Festigkeit mit so "vorsichtiger" Verschraubung erreicht wurde, bleibt abzuwarten. Ich habe da meine Zweifel.

Von einer Verwendung von TMT Holz als tragendes Bauteil wurde von Seiten des Herstellers gewarnt, da die diesbezüglich notwendigen Eigenschaften nicht gegeben sind.
Untersuchungen des Bundesamtes für Umwelt, BAFU Abteilung Wald, in Bern beschreibt bei TMT - Buche eine Festigkeitsreduktion von ca. 60 %, der Wert dürfte für Esche etwa entsprechend sein. Die Oberflächenhärte nimmt ebenfalls ab, und zwar um ca. 30 %.

Völlig unbekannt ist, wie TMT auf Salzwasser reagiert. Schon deshalb wäre die Verwendung für mich ein Ausschlußgrund.

Gerade im Bootsbau steht man nur in wenigen Fällen vor dem Problem, Holz nicht ausreichend vor Pilzbefall und damit Fäulnis schützen zu können. Auch halte ich es für vertretbar, Bauteile nach 40 bis 60 Jahren auszuwechseln.
Die technischen Eigenschaften von TMT werden z.B. von Kiefer, Douglasie oder Lärche, Eiche oder Esche, eine sachgemäße Vorgehensweise nach der Fälling und Weiterverarbeitung vorausgesetzt, weit übertroffen, der notwendige Schutz vor fäulniserregenden Pilzen ist rel. problemlos und mit preiswerten Mitteln (reines Leinöl) möglich.

Falls weiterführende Literatur gewünscht wird, bitte ich um Nachricht.

Re: Thermoholz / Thermoesche

Verfasst: So 5. Okt 2014, 10:36
von helmsman-2
Vielen Dank für die Beiträge. Quintessenz scheint mir zu sein, dass die Festigkeit abnimmt und dass langjährige Erfahrung noch fehlt.

Nachdem ich den Begriff TMT-Holz vorher noch nicht kannte, habe ich mal ein bisschen im Internet gesucht und da findet man auch einiges. Ein Wikipedia Artikel (und darin genannte weiterführende Links) scheinen mir einen guten Überblick zu geben: http://de.wikipedia.org/wiki/Thermisch_ ... ertes_Holz . Aber auch einige firmenspezifische Artikel bringen interessante Informationen.

Für die Gräting wäre das TMT Holz wohl sicher verwendbar, da die Festigkeitsanforderungen nicht sehr hoch sind, dabei kann man vielleicht auch schon mal etwas Erfahrung bezüglich der Verarbeitung und des Langzeitverhaltens gewinnen.

Interessant (auch preislich) scheint mir nun aber auch Bangkirai (das Terrassendielenholz) zu sein. Das ist aber mit über 1000 kg/m³ sehr schwer (das Holz geht unter). Aus Preisgründen scheidet Teak aus, das mit 5000-6000 EUR /m³ einfach zu teuer ist. Am Ende wird es dann doch einfach Kambala, das günstige afrikanische Bauholz mit den hervorragenden Eigenschaften. Mich wundert, warum es im Bootsbau nicht öfter verwendet wird.

Klaus

Re: Thermoholz / Thermoesche

Verfasst: Mo 6. Okt 2014, 13:46
von André bauer
Moin nochmal,

da Decks heutzutage (besonders auf Stahldecks von großen Yachten) nur geklebt werden und keine statischen Belastungen zu verkraften sind, wäre hier nur die Öberflächenhärte wichtig.
Bin aber sicher das Lürssen auch das testet. High Heels sind schließlich manchmal unvermeidlich...
Die Proben wurden mehrere Jahre unter Realbedingungen draußen getestet.
Zumindest ein Holz hat sich als tauglich erwiesen.

Für andere Bauteile scheidet TMT (für mich auch ein neuer Begriff) dann aber erstmal tatsächlich aus.

Andererseits:
Wenn es keine Festigkeit mehr hat und so leicht aufsplittert, welche Argumente hat die Holzindustrie noch für TMT?
Hat so ja kaum noch Einsatzzweck und die Verarbeitbarkeit ist bescheiden.

@Bob:
Hast Du Literatur, die Hinweise auf Teakersatz für Decks liefert?

Grüße,
André

Re: Thermoholz / Thermoesche

Verfasst: Mo 6. Okt 2014, 15:05
von bob57
Hallo Andre,

leider kann ich dir mit weiter führender Literatur nicht weiter helfen, ich bezweifle auch, daß es da allzuviel gibt.
Dazu ist der Werkstoff eigentlich zu jung. Meines Wissens wird erst seit ca. 20 Jahren in dieser Richtung geforscht, viel mehr als Prognosen wird man da nicht erwarten dürfen.

Die Schweizer haben sich der Verwendung von TMT angenommen, ich habe das ja schon kurz angerissen. Bei Wikiped sind einige Links angegeben, die man ebenfalls mal studieren kann.

Ich haben eben mal mit dem GL telefoniert, da hat man sich mit TMT im Bootsbau bisher nicht befasst.