Überfurnierter Vollholzrumpf

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jca
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Überfurnierter Vollholzrumpf

Beitrag von jca » Do 10. Mär 2016, 23:04

Hallo liebe Klassikerfreunde,

ich erwäge ein 10m Kielboot zu kaufen, gebaut in den 60ern. Zustand auf den ersten Blick recht gut, es stand jahrelang trocken in der Halle.

Der Rumpf ist mit Mahagoni beplankt und in der Bilge ist keinerlei Fäule zu erkennen. Allerdings wurden in den 90ern die Planken mit zwei Lagen Mahagoni diagonal überfurniert.

Ich habe mit dem Bootsbauer, der das damals durchgeführt hat Kontakt aufgenommen. Der Grund war wohl, dass das Boot immer stark Wasser gezogen hat, weil die Planken im Hallenlager längs gerissen sind. Darum wäre ein Ausleisten seiner Ansicht nacht nicht sinnvoll gewesen. Jede Furnierlage ist 4mm dick und mit Epoxy verklebt und durch Edelstahltacker gehalten.

Auf den ersten Blick macht die Außenhaut einen sehr guten, homogenen Eindruck.

Meine Sorge ist nun allerdings, dass das Furnier nur eine Holz-Variante des berühmten Leichenhemdes sein könnte. Wie hoch ist die Gefahr, dass sich Wasser zwischen Planken und Furnier sammelt? Auch frage ich mich, ob die (immerhin 8mm starke) "Außenschale" nicht reißen könnte, wenn die inneren Planken quellen?

Um Tipps und Ratschläge wäre ich sehr dankbar!

Grüße vom Bodensee

Jan
Torsten

Re: Überfurnierter Vollholzrumpf

Beitrag von Torsten » Fr 11. Mär 2016, 07:37

Die Festigkeit von Vollholzrümpfen wird ja durch den Druck der Planken aufeinander wesentlich bestimmt.
Wenn jetzt die Planken eh schon nicht dicht quellen konnten (?) und damit auch kein ausreichend hoher Druck der Planken zueinander bestand, werden die 8 mm Sperrholz mit Epoxy verklebt zwar die Verbände nicht schwächer gemacht haben......aber ob das alles ausreichende Festigkeit um Allgemeinen gebracht hat vermag nur ein zu Wasser lassen und anschliesendes intensives Segeln beantworten.

Ohne den Bodensee zu kennen oder gar zu unterschätzen aber so rohe Kräfte wie auf Ostsee, Nordsee oder gar Ozenanen könnten dort möglicherweise nicht an der Tagesordnung sein.
danebrog

Re: Überfurnierter Vollholzrumpf

Beitrag von danebrog » Fr 11. Mär 2016, 13:14

Hallo!

Für den Anfang hätte ich es genau so gemacht: Selbst gucken und den "Verursacher" ;) der Beplankung kontaktieren. Wenn Du dem Frieden nicht traust, würde ich einen unabhängigen Bootsbauer/ Sachverständigen hinzuziehen (davon gibt es am Nordufer einige) und/oder mir das Boot nochmals nach dem Einwassern ansehen! Eine 100%-Vorhersage, was da kommen könnte, wird Dir wohl keiner geben.

Der Beitrag interessiert mich aber, weil bei meinem Mahagoni-auf-Eiche-Boot von ursprünglich 12 mm Plankenstärke noch ca. 8 mm übrig sind. Der Rumpf ist bereits ausgeleistet und ziemlich dicht, d. h. sie zieht nach bem Einwassern 1x Wasser bis zu den Bodenbrettern (= handbreit) und gut ist. Trotzdem steht in nächster Zeit mal eine größere Maßnahme bezüglich der (Kiel-!!)Planken an. Neu Aufplanken kommt nicht in Frage wg. teuer und Verlust der guten Originalsubstanz. Etwas total Künstliches als Außenhaut mag ich aber auch nicht haben ...

Zum Überfurnieren hatte mir auch ein Bootsbauer geraten. Allerdings nicht diagonal, sondern waagerecht, aber versetzt zu den alten Plankennähten. Ich fand, dass war noch der beste Vorschlag.

Fußnote: Wir (!!) vom Bodensee werden durch eine Kette von Lichtsignalen rund um, die bei Starkwind- oder Sturmwarnung rechtzeitig in Aktion tritt, vor einem Zuviel an Wind und Welle gewarnt. Kap Horn kennen wir nur vom Hörensagen! ;)

Grüße
Danebrog

jca
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Re: Überfurnierter Vollholzrumpf

Beitrag von jca » Fr 11. Mär 2016, 13:42

Hallo, vielen Dank für die Antworten!

Ich treffe mich bald auch noch mit einem Bootsbauer, um dessen Meinung einzuholen. Aber zusätzliche Meinungen können ja nicht schaden. Gibt es hier jemanden, der mit einem solchen Boot schon Erfahrung hat?

Bezüglich des oG Bootes: Angeblich soll der Rumpf komplett dicht sein seit der Furnierung (zumindest bis das Boot in die Halle kam). Ich denke auch, dass das Schiff am See nicht allzu großer Belastung ausgesetzt werden wird. Aber langfristig plane ich, das Boot ans Meer zu bringen, und da sieht das dann ja schon wieder anders aus.

@danebrog: Bei dem waagerecht Furnieren wäre ich skeptisch. Dann kann das Furnierholz ja gar nicht die Kräfte aufnehmen, die beim Quellen auftreten und wird eventuell längs einreißen. Ich halte dich gerne auf dem Laufenden, was der Bootbauer sagt...

Liebe Grüße

Jan
André bauer
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Re: Überfurnierter Vollholzrumpf

Beitrag von André bauer » Fr 11. Mär 2016, 16:34

Hallo Jan,

wenn das Boot ausgeleistet wurde bevor das Furnier drauf kam, sollte das ok sein.
Wurde das Furnier einfach auf die Planken geklebt, ohne das diese ausreichend Festigkeit zueinander hatten, kann man nur sagen FInger weg...

Gruß,
André
Gruß,
André

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danebrog

Re: Überfurnierter Vollholzrumpf

Beitrag von danebrog » Fr 11. Mär 2016, 21:32

Hallo Jan und alle Mitleser!

1. Wer Erfahrungen mit überfurnieren Rümpfen hat, lasse es uns bitte wissen!!

2. Diagonal überfurniert ergibt - je nach Werkstoffen und Qualität - eventuell (!) sowas wie formverleimt (und dicht?).

3. Ich denke, ein paralleles Überfurnieren entlang der Plankengänge dient in erster Linie der Optik bei klarlackierten Booten, dann der Dichtigkeit und in eher geringem Maße der Festigkeit.

Ein anderer Bootsbauer hat mir mal erklärt, das ein Rumpf definitiv ausgeleistet gehört, bevor er - egal wie und womit - beschichtet wird. Einfach aus dem Grund, um die Bewegung im Rumpf weitestgehend zu stoppen, die für Risse bzw. Ablösungen und somit in der Folge das Eindringen von Wasser zwischen den Wie-auch-immer-Schichten verhindert wird.

So long und viele Grüße
Danebrog
hermann.l
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Re: Überfurnierter Vollholzrumpf

Beitrag von hermann.l » Sa 12. Mär 2016, 12:36

Vor etlichen Jahren lag in Potsdam ein 6 m Kajütboot.
Die Plankenfugen waren ausgefräst und nach einem
Hallenjahr mit Epoxy und nem Verdickungsmittel ausgeschmiert.
Waren Eichenplanken. Darüber kam 1. Mahagoni Furnier
senkrecht 2-3 mm , 2. Dasselbe Diagonal und 3. Parallel .
Ich habe das Boot zwischen 1994 und 97 noch ein paar mal
gesehen. Dann blieb mein Boot für eine umfangreiche
Sanierung (neues Heck und 50 cm Verlängerung ) für
1998 und 99 in der Halle. 2000 habe ich nur erfahren,
Eigner verstorben Boot verkauft. Aber bis dahin war noch
alles ok. Selbstverständlich ist das VORHERIGE absolute
Fixieren der Planken durch Leiste oder Epoxy eine
unabdingbare Bedingung. Sonst ist's definitiv Murx , bzw.
ein echtes Leichentuch. Da ist das gelegentliche Eintröppeln
von Wasser die harmlosere Alternative , auch wenn's nicht
gefällt. Alle Holzkutter leben damit. Durch die Wellenpackung
tröppelts ohnehin auch rein. Beim Segler aber wohl eher nicht.
Ich habe das Motorböötchen allerdings nicht mehr gesehen.
Soll an die Saale gegangen sein.
Ach ja , der hatte die senkrechte Lage zusätzlich "genagelt".
Womit , weiß ich nicht.
Das ist hier nur die Beschreibung eines Sachverhalts, nicht verbunden mit
einer Empfehlung oder Ablehnung.
Gruß Hermann
Gruß vom Skipper
Hermann
und seinem 54 Jahre alten Holzboot
André bauer
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Re: Überfurnierter Vollholzrumpf

Beitrag von André bauer » So 13. Mär 2016, 14:16

Hallo,

wenn es gut gemacht ist, absolut eine Alternative zum Beschichten mit Glasfaser.
Allerdings kann das Furnier auch faul werden, wie die Planken selbst, ist eben auch Holz.
Wenn es ausreichend mit Epoxy verarbeitet wurde, so dass das Harz auch ins Furnier tief eindringen konnte, sollte auch das kein Thema werden.
Wichtig ist, gerade bei Harthölzern, beide Klebeflächen mit unverdicktem Harz einzukleistern und dann einseitig angedicktes Harz dazu.
Epoxy braucht Schichtdicke, die das angedickte Harz garantiert, da es nicht einzieht.

André
Gruß,
André

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danebrog

Re: Überfurnierter Vollholzrumpf

Beitrag von danebrog » Di 22. Mär 2016, 17:46

Hallo zusammen

Ich muß noch einen Nachtrag bzw. Korrektur loswerden!

Zum Thema "Überfurnieren" habe ich jetzt nochmal in alten Forumsbeiträgen gestöbert. Dort ist z. T. von Furnier bis zu 6 mm die Rede.

Ich denke, daraus resultiert auch das "Aneinander-vorbei-reden" hier, denn es gibt tatsächlich zweierlei Methoden: Das mehrlagige, diagonale Überfurnieren und ein "Überplanken" mit stärkerem "Furnier". Ich bin mir sicher, dass "mein" Bootsbauer letzteres meinte und dann macht das mit dem "parallel zu den Plankengängen" auch Sinn.

Aber das ist eine andere Geschichte bzw. ein neuer thread ...

So long
Danebrog

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