Ausleisten: dämpfen und biegen, aber wie?

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Nicolas de Wurstemberger

Ausleisten: dämpfen und biegen, aber wie?

Beitrag von Nicolas de Wurstemberger » Mi 15. Nov 2006, 22:14

Hallo Allerseits!

Also ich bin gerade dabei meinen alten Piraten auszuleisten. Mein erster Versuch ist gleich auf zwei Weisen fehlgeschlagen: Beim ersten Anlauf hatte ich meine Leisten zu dünn ausgehobelt, da rutschten `se wieder raus. Ausserdem habe ich die Biegefestigkeit der Mahagonileisten überschätzt: Die Leisten an der Kielnaht sind im Bugbereich glatt zersplittert. Nun liegt der blanke, vorgefräste Bauch des Piraten da und schreit förmlich nach Füllleisten. Ich weiss, ausfräsen und kleben sollte möglichst ohne grossen Zeitverzug erfolgen, ich werde Wohl oder Übel die neuen Leisten konisch hobeln müssen, oder?

Also: Wer von Euch kann mir weiterhelfen? Ich weiss erstmal nicht genau, wie ich mit einfachen Mitteln am wirkungsvollsten die paar Leisten biegen soll (kochen, dämpfen, anderes) und scheue etwas den Aufwand jede Leiste einzeln mit dem Handhobel konisch anzuhobeln. Auf keinen Fall werde ich ein Leichentuch überziehen. Schliesslich hat es die Dame gute 50 Jahre ohne geschaft, das ist Beweis genug, dass mit geeigneter Pflege vieles abwendbar ist.

Vielen Dank für Eure Anregungen!

Gruss

Nicolas
Passera
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Re: Ausleisten: dämpfen und biegen, aber wie?

Beitrag von Passera » Do 16. Nov 2006, 13:20

Hallo Nicolas,

Du musst die Leisten auf jeden Fall "anheften", sonst rutschen sie dir sicherlich wieder heraus.

Wie wirst du ausleisten?

- nur einseitig einkleben?

- einbetten zweiseitig in Epoxy?

solltest du Epoxy verwenden, dann ist es gar nicht so schlecht, wenn deine Leisten etwas dünner sind, denn nur eine sichtbare Klebenaht aus Epoxy ist eine "gute".

Im Bugbereich habe ich das Splittern vermieden, indem ich kurze Stücke eingeleistet habe. diese habe ich schön geschäftet. Es geht natürlich auch durch Dampfbiegung, aber dann musst du die Leisten zuerst ohne Kleber provisorisch einbiegen und erst nach dem Austrocken der Leisten kannst du mit dem Epoxy die Leisten einkleben.

LG Pet
Nicolas de Wurstemberger

Re: Ausleisten: dämpfen und biegen, aber wie?

Beitrag von Nicolas de Wurstemberger » Mo 20. Nov 2006, 21:23

Hallo Pet

Danke für Deine Antwort. Also mit anheften meinst Du grosse Tackerklammern oder so? Ich gedenke die Nuten völlig mit Epoxy zu "nässen" und dann die Leisten einzudrücken. Wieso braucht Epoxy eine Klebefuge? Ist denn die Vernetzung mit dem Holz nicht ausreichend stark?

Zum Dampfbiegen. Weisst Du etwas mehr darüber? Grossmutters Hausrezept, Temperatur des Dampfes und anderes. Ich möchte die Leisten wenn möglich nicht schäften. Ich habe extra lange Leisten ausgehobelt, damit ich von Bug bis Heck kein Stirnholz der Feuchtigkeit aussetze.

Vielen Dank.

Gruss

Nicolas
Passera
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Re: Ausleisten: dämpfen und biegen, aber wie?

Beitrag von Passera » Mi 22. Nov 2006, 17:34

Hallo Nicolas,

nur "nässen" mit Epoxy ist m.m. zu wenig. Du musst schon das Epoxy mit Füllstoff andicken. Ausserdem ist n u r eine sichtbare Epoxyverklebung eine gute!!
Vorstreichen mit Epoxy unverdünnt in den Fugen ist aber notwendig, da das unverdünnte Epoxy in das Holz eindringt und du so mehr Bindung bekommst.
Ich habe das so gemacht:

- auszuleistende Fuge mit reinem Epoxy getränkt. Dann ca 20 - 30 min gewartet.
- Angedicktes Epoxy in die Fuge gespachtelt
- Leiste in den "Gatsch" hineingedrückt und festgetackert.
- herausquellendes Epoxy sofort abstreifen, sonst ärgerst du dich beim Schleifen nachher.
- Tackerklammern heraus (nach dem Trocknen)
- schleifen

Du kannst die Leisten ruhig schäften! die Schäftungen werden mit andedicktem Epoxy zusammengeklebt. Das Stirn (Hirn)-Holz wird dadurch Epoxy- versiegelt.

Dampfbiegen: Wasserdampf hat immer rund 100 ° C. Wenn du nur deine Leisten biegen willst, dann nimm ein Kunststoffabwasserrohr und einen alten grossen Schnellkochtopf. Ca in der Mitte des Rohres ein Loch hinein und den heissen Dampf in dein Abwasserrohr in dem sich die Leisten befinden. Als Bedampfungszeit schätze ich 1 x ca 25 - 30 min.
Rainer Enßlin
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Re: Ausleisten: dämpfen und biegen, aber wie?

Beitrag von Rainer Enßlin » Fr 24. Nov 2006, 00:37

Hallo Nicolas
ich habe auch meine jolle ausgeleistet, allerdings mit gabun, das ist schon etwas weicher.
mach dir bloß keine arbeit mit dämpfen, das verlege lieber auf dort, wo es sinn macht. und bei dem querschnittverhältnis macht das sowieso kaum sinn. schneide wie schon erwähnt die leisten einfach an den stark zu biegenden stellen quer (also senkrecht zur laufrichtung) ab und sorge dafür, dass sie in höhe der außenhaut genau aneinander liegen, nach innen können sie ruhig etwas abstand zueinander haben (keilförmig). da füllst du ja mit dem angedickten epoxi gut aus, da wird nie was nass. den kontakt siehst du später nur, wenn du mit der nase am rumpf langschubberst. und andere sehens sowieso nicht, die schubbern ja auch nur am eigenen boot (gehört sich zumindest so!).
mit den sichtbaren verbindungen sehe ich das anders. leisten sollten schon sauber drin sitzen, das ist sonst nicht schön. die fräsnut ist wohl senkrecht, ich habe aber die leisten mit einem kleinen handhobel (so modellbaumäßig) noch leicht konisch nach innen gemacht (etwa 0,5 mm). so kann sich das angedickte epoxi besser in der dann innen etwas weiteren klebefuge verteilen, außen liegt das holz aber glatt an den planken an, so dass die leisten schon passen. innen kann es dir ja aufgrund der epox-eigenschaften bis zu einem gewissen grad egal sein.
mach auf jeden fall innen etwas dagegen, klebestreifen oder so, das zeug ist wirklich die pest. auch benötigst du ja etwas druck im system, damit sich der kleber im ganzen stück verteilt.
tackern quer über die leisten: tut weh und geht nie ganz weg (besser nicht mit nase schubbern). du kannst auch folie drüber legen und von außen mit druckbalken oder spannseilen arbeiten, ist aber auch ne riesen sauerei, weil du dann das überschüssige epox nicht wegbekommst (wegen der folie drauf).
ich halte übrigens den zeitpunkt zum ausleisten noch nicht ganz günstig, weil das holz jetzt noch recht feucht com sommer sein sollte. wenns dann mal wirklich warm wird, könntest du ganz schön zug drauf kriegen. hast du mal die holzfeuchte gemessen. ich habe für mich - gnz subjektiv - den moment gewählt, in dem die ersten sichtbaren trockenrisse auftauchten ohne zu deutlich zu werden, das war so ende märz, wenn die ersten wärmeren sonnenstrahlen durchkamen. jetzt ist der kahn ja noch dicht.
gut kleb, rainer
Rainer
Nicolas de Wurstemberger

Re: Ausleisten: dämpfen und biegen, aber wie?

Beitrag von Nicolas de Wurstemberger » Di 28. Nov 2006, 22:15

Hallo Leute!

Erstmal vielen Dank für Eure Tipps. Es führen vielen Wege nach Rom...

Meine Nussschale liegt nun schon ein paar Winter auf dem Rücken. Ich werde deshalb wohl trotz der eher ungünstigen Holzfeuchte bald mal mit dem Ausleisten anfangen. Sonst wird aus meinem Traum nie was... Eure Ratschläge werden mir dabei bestimmt dienlich sein. Einzige Unklarheit sehe ich beim Anpressdruck. Ich kann mir vorstellen, dass die Spuren vom tackern sichtbar sind, obschon ich mit den kleinen Löchern noch eher auskomme, als wenn ich Schraubenlöcher (anschrauben eines Druckbügels...) flicken müsste. Wie wäre sonst ein gewünschter Anpressdruck zu erreichen? Spannseile und Druckbalken? Verrutschen denn die Seile nicht? Na ja, werde wohl ein Trockendurchgang machen müssen, vielleicht reicht der Druck der konischen Leisten ja schon aus um die Leisten zu halten.

Das mit dem Dämpfen werde ich trotzdem mal versuchen. Schon rein aus Interesse an der Holzverarbeitung.

All denen, die jetzt auch an Ihrem Kahn arbeiten wünsch ich gutes Gelingen!

Gruss

Nicolas
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