Von Bremerhaven in den NOK

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mmmdr
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Von Bremerhaven in den NOK

Beitrag von mmmdr » Mo 28. Jul 2014, 14:39

Moin Forum,

wir wollen ab Freitag von Bremen über den NOK in die Ostsee. Als wenig bis kaum erfahrener Gezeitensegler macht mir momentan der Abschnitt Bremerhaven-Cuxhaven-Brunsbüttel ziemliche Gedanken.
Für eure Tipps bezüglich der möglichen Zeiten, Routen (Tiefgang: 1,65m), Besonderheiten wäre ich sehr dankbar.
Sollte zufällig jemand am 4., 5. oder 6. August die Route von Bremerhaven angehen, könnten wir uns auch gerne zusammentun.

Herzlichen Dank und Gruß, Michael
André bauer
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Re: Von Bremerhaven in den NOK

Beitrag von André bauer » Mo 28. Jul 2014, 17:35

Hallo Michael,

ich verstehe Deine Sorge nicht ganz.
Mit dem Tiefgang fällt die Abkürzung über den Weser-Elbe-Schiffahrtsweg (Bederkesa) ja schon aus.
Nehme an, Du kommst Freitag eh nur bis BHV, Samstag dann so losfahren, das man am besten Niedrigwasser hat, wenn man in die ELbe rein will.
Dazu die Tiefenlinien in der Karte gut ansehen und die Wasserstandsvorhersage im Radio hören oder beim DWD abfragen.
Dann entsprechend den niedrigeren Wasserstand gegenüber der Karte abziehen und Du weißt wie weit Du raus musst und wann Ihr in BHV los müsst.
Habt ihr ein Echolot? Das ist unerlässlich bei solchen Fahrten.
Wenn nicht, muß in kritischen Gebieten jemand mit dem Handlot vorn stehen.

Das fällt mir dazu so ein.

Gruß,
André
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André

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mmmdr
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Re: Von Bremerhaven in den NOK

Beitrag von mmmdr » Mi 30. Jul 2014, 17:14

Moin Andre und Danke für die Tipps. Der Weser-Elbe-Schiffahrtsweg fällt auch schon wegen Mastlegeaktion aus. Ein Lot haben wir an Bord. Was würdest du für eine gute Startzeit in BHV? Die Leute, die ich so gefragt hatten meinten ca. 30 Min. vor Hochwasser BHV, damit man genug Zeit hat zum NW vor Cuxhaven zu sein. Kennst du eine zuverlässige Möglichkeit, um Strömungsrichtungen und Geschwindigkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zu ermitteln? Hast du Erfahrungen für den Zeitbedarf für die Strecke? Rumpfgeschwindigkeit (ohne Strömung) sind ca. 7kn.
Danke für alle Tipps, Michael
André bauer
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Re: Von Bremerhaven in den NOK

Beitrag von André bauer » Do 31. Jul 2014, 00:35

Hallo Michael,

nein, zu den Fragen habe ich keine Antworten.
Wie lange man braucht ist doch aber ne einfache Sache, Strecke durch typische Geschwindigkeit bei angesagtem Wind ergibt die Zeit.
Mit der Rumpfgeschwindigkeit kann man so nix anfangen.
Windrichtung und Stärke spielen da ne große Rolle, wenn Ihr die Weser raus kreuzen müßt (was bei typischem Nordwest zumindest zeitweise so wäre) habt Ihr viel mehr Weg als am Wind.
Und besser ne Stunde zu ankern bzw. gegenan fahren als zu spät da zu sein.
Von daher ist es sinnvoll bei Wasserstillstand loszufahren, also 30 Minuten vor Hochwasser.
In der letzten halben Stunde vor und nach HW bzw. NW ist so gut wie kein Strom.
Ist es ein Langkieler muß der Strom stärker berücksichtigt werden, als bei einem Schiff das ins Gleiten kommen kann, z.B. Jollenkreuzer.
Bei einem Tiefgang von 1,65m geh ich vom Langkieler aus.
Strömungsgeschwindigkeiten und -richtung nach Ort bestimmen hat wohl in dem Gebiet noch niemand gemacht.
Das ist wichtig in der irischen See, wo zwischen den Inseln starke Strömungen in unterschiedlichen Richtungen entstehen können, aber nicht bei eindeutigen Verhältnissen.
Da laufen keine Strömungen in unterscheidliche Richtungen, ablaufend Wasser is ablaufend Wasser, in der Weser wie in der Elbe.
Normaler Strom auf der Außenweser liegt bei 2-3 Knoten.

Nicht so bange machen lassen, da is nix dabei.
Einfach Wetter, Wind, Strom abfragen, Kurse (mit Kreuzschlägen) in die Karte eintragen und damit am Abend vorher die Abfahrtszeit festmachen. Fertig.

Gruß,
André
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André

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Re: Von Bremerhaven in den NOK

Beitrag von Martin Lamprecht » Do 31. Jul 2014, 08:21

Moin Michael,

zwar hat André schon einiges gesagt und es ist natürlich schwierig,
noch weitere Tips zu geben, ohne belehrend zu erscheinen.
Nach Deinem zweiten Beitrag erscheint es mir doch sinnvoll,
noch ein paar Anmerkungen zu machen.

Erst mal grundsätzlich: Die Zeiten für Hoch- und Niedrigwasser im
Tidenkalender gelten (wie der Name schon sagt) für die Pegelstände.
Die Richtung und Stärke der Strömung bei Elbe und Weser kann man
nur mit Einschränkungen daran festmachen.
Extrembeispiel: Der Tideeinfluß reicht auf der Weser bis ins Bremer
Stadtgebiet und damit bis zum Weserwehr. D.h. unmittelbar unterhalb
des Weserwehres gibt es Hoch- und Niedrigwasser.
Die Strömung dort geht aber IMMER nur flußabwärts und mit einer
Geschwindigkeit, die NUR von der Wassermenge anhängt, die gerade über
das Wehr geht.
Erst weiter stromab gibt es dann tatsächlich auch auflaufendes Wasser.
Aber weil Elbe und Weser ja Flüsse sind, die im Mittel Wasser in die
Nordsee spucken, ist das ablaufende Wasser auch an der Mündung noch
ausgeprägter (dauert länger und ergibt etwas höhere Geschwindigkeiten)
als das auflaufende Wasser.

> Was würdest du für eine gute Startzeit in BHV? Die Leute, die ich
> so gefragt hatten meinten ca. 30 Min. vor Hochwasser BHV,
Das ist schon mal ganz gut. Das Wasser läuft bereits ab, bevor der
Höchststand des Pegels in BHV erreicht ist.
Da die Geschwindigkeit des auflaufenden Wassers kurz vor dem Kentern
der Tide aber schon merklich abnimmt, könntest Du auch schon 1 Stunde
vor HW auslaufen. Dann mußt Du halt noch einige Minuten gegen die
(ziemlich schwache) Strömung anfahren, aber es bringt vielleicht
trotzdem schon einige Meilen Fahrtstrecke.

> damit man genug Zeit hat zum NW vor Cuxhaven zu sein.
Nanu, was hast Du vor?!?

Ziel Deiner Planung sollte es sein, kurz nach dem Einsetzen des Flutstromes
in das Fahrwasser der Außenelbe einzulaufen.
Wenn Du dann in Cuxhaven ankommst, hast du schon eine erhebliche Fahrtstrecke
auf der Elbe und entsprechende Fahrtzeit hinter Dir.
D.h. bei Deiner Ankunft in Cuxhaven ist hoffentlich noch auflaufendes Wasser,
aber ganz sicher nicht mehr Niedrigwasser.

Zur Reisedauer: Wie André schon geschrieben hat: Von Bremen bis Bremerhaven
benötigt man normalerweise eine Tide, also einmal ablaufendes Wasser.

Wie lange Du in Bremerhaven bleibst, hängt von Deinem Schlafbedürfnis ab.

Anschließend brauchst Du für die Außenweser und die Fahrt quer rüber
zur Elbe typischerweise etwas mehr als eine weitere Tide ablaufendes Wasser
(darum früh in BHV losfahren), mit der auflaufenden Flut sollte man dann
gut bis Cuxhaven kommen.
Je nach Windrichtung und -stärke setzt das voraus, daß Dein Schiff auch
am Wind einigermaßen gut läuft und Du Dich nicht lange mit Flautendümpelei
aufhälst. Im Zweifelsfall mußt Du den Wind aus dem Tank nehmen, um den
Fahrplan einzuhalten.

Mit gutem Wind und einem schnellen Schiff kann man es mit der auflaufenden
Flut auch bis Brunsbüttel schaffen. Wenn Du sowas ins Auge fasst:
Daran denken, daß auch auf der Elbe der Ebbstrom vor dem Hochwasserzeitpunkt
in Cuxhaven bzw. Brunsbüttel einsetzt.


Was mir noch so einfällt:

* Nach dem Auslaufen in Bremerhaven gehen viele erst einmal hinüber auf
die W-liche Fahrwasserseite. Speziell dann, wenn man schon deutlich vor
Hochwasser ausgelaufen ist und noch etwas Gegenstrom hat (der ist dort
auf der Innenseite der Kurve etwas schwächer).
Außerdem geht man so eventuell am Container-Terminal an- oder ablegenden
Schiffen aus dem Weg.
Wenn jemand meckert weil es die "falsche" Fahrwasserseite ist: Man kann
dort (ganz knapp) auch außerhalb der grünen Fahrwassertonnen fahren.
"Knapp" deshalb, weil dort auch Buhnen enden (betonnt), denen man
nicht zu nahe kommen sollte.

* Man sollte den Einfluß von "Wind gegen Strom" auf den Seegang nicht
unterschätzen. So ab Windstärke 4 oder 5 wird es schon spürbar ruppig
und bei manchem wechselt die Gesichtsfarbe auf blass-grün.
Wenn Du und/oder Dein Schiff die Strecke das erste Mal fährt, dann
würde ich allerspätestens bei 6 Windstärken oder mehr in Bremerhaven bleiben
und das Schiffahrtsmuseum besichtigen (lohnt sich, die anderen Museen aber
auch...)

* Das Einlaufen in Cuxhaven ist eine verschärfte Version vom Einlaufen
in die Geeste in BHV. Wenn Du in Cuxhaven noch mit deutlich auflaufendem
Wasser ankommst gibt es eine SEHR starke Strömung quer zur Einfahrt.
Abhängig von Deiner Schiffsgeschwindigkeit erfordert das Vorhaltewinkel von
mehr als 30°.
Dank der Spundwände kann es je nach Wetter und Schiffsverkehr unmittelbar
vor der Einfahrt verschiedene Wellensysteme geben, die wild durcheinander
laufen:

1. der normale, windinduzierte Seegang.
2. windinduzierter Seegang, an der Spundwand reflektiert,
3. das Wellensystem eines vorbeigefahrenen Schiffes,
4. Wellen eines Schiffes, an der Spundwand reflektiert.

Schon bei mäßigem Wind aus passender Richtung ergibt das einen
chaotischen Seegang, der zwar für ein ordentliches Seeschiff nicht
gefährlich ist, bei dem aber möglichst niemand auf dem Vorschiff
herumturnen sollte. -> Festmacher bereitlegen und Fender antüdeln
erst IM Hafen.

Ich würde auch nicht mit dem vollen Flutstrom der Elbe im Rücken parallel
zur Spundwand auf die Einfahrt losfahren um dann im richtigen Moment
mal schnell "rechts abzubiegen" in die Durchfahrt.
Das gibt Ärger: Wenn Du nämlich bei normaler Fahrt schon einen
Vorhaltewinkel von 30° brauchst, dann müßtest Du eine abrupte Kursänderung
von 90° + 30° = 120° hinbekommen.
Dabei wird Dein Schiff aber viel langsamer und damit der nötige
Vorhaltewinkel noch viel größer...

Besser ist es, mit respektvollem Abstand von der Spundwand erst auf die
Höhe der Einfahrt zu fahren und dann (über Grund) senkrecht zum Fahrwasser
auf die Einfahrt zu. So kannst Du Dich in Ruhe auf den Strom einstellen,
den nötigen Vorhaltewinkel finden und in etwa auf die in Stromluv
befindliche Seite der Einfahrt zuhalten.
Dabei sieht man dann auch besser, was IM Hafen vorgeht und ob eventuell
jemand entgegen kommt. Wenn starker Querstrom läuft: Mit ca. 4-5 Knoten
(evtl. sogar noch mehr) durch die Einfahrt; erst wenn Du "drin" bist
sofort Gas wegnehmen.
Bei starker Querströmung kann man regelrecht eine Kante im Wasser sehen
zwischem der Außenströmung und dem stehenden Wasser im Hafen, ansonsten
spürt man es sofort wenn die Querbewegung plötzlich aufhört.

Soweit erstmal,
Martin
mmmdr
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Re: Von Bremerhaven in den NOK

Beitrag von mmmdr » Do 31. Jul 2014, 16:39

Ganz herzlichen Dank für eure Tipps! Ich werde sie beherzigen. Einige Dinge hatte ich mir schon selber so gedacht und die jetzt von euch nochmal bestätigt bekommen, andere waren für mich neu. Ich glaube, das größte "Problem" für mich ist der sehr große Respekt vor diesem für uns neue Revier mit seinen neuen Herausforderungen.
Ich hoffe, ich werde jetzt nicht hier rausgeworfen wenn ich euch sage, dass das Schiff eine Hallberg Rassy 321 MK1 ist, die wie vor etwa 2 Monaten gekauft haben. Die schafft den Weg bestimmt, ist aber ein sehr schöner "Youngtimer" halt aus GFK (....aber mit viel Holz....). Unsere alte Wega 1 wurde einfach zu klein. Habt Dank Leute und herzliche Grüße ... Michael
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