Kielbolzen – Bronze oder Stahl?

g.fahr
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Kielbolzen – Bronze oder Stahl?

Beitrag von g.fahr » Mi 25. Mär 2009, 10:43

Hallo!

Meine Kielbolzen sind Zahnstocher und müssen ersetzt werden.

Stehe nun vor der alles entscheidenden Frage des Materials:
Bronze oder VA-Stahl?
Gibt es mehr Argumente für oder wider als die unterschiedlichen Preise?

Danke für jeden Tipp,
grtrd



André bauer
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Re: Kielbolzen – Bronze oder Stahl?

Beitrag von André bauer » Mi 25. Mär 2009, 11:54

Moin,
das zuerst mal darauf an, aus welchem Material der Ballast ist, Blei oder Gusseisen.
Auf dieser Seite sind einige Metalle mit Legierungen gelistet. (Ganz weit unten)
http://www.domnick-elektronik.de/tabelle.htm
Danach hat Blei ein Spannungspotential von -0,13Volt und Gußeisen mind. -0,18V,
Bronze aber im positiven Bereich um 0,36, Edelstähle sind nicht gelistet,
bestehen aber zum Großteil aus Eisen, Nickel, Chrom, Kobalt, usw.
Die Legierungsbestandteile sind dabei aber fast vernachlässigbar klein,
was das Spannungspotential angeht.
Ich würde daher zu Edelstahl tendieren, denn eine Spannungsdifferenz von 0,5 Volt ist schon fast eine Batterie...
Wenn Edelstahl, ist auf jeden Fall 1.4571 zu empfehlen, der ist am beständigsten gegen Korrosion.
Auf der anderen Seite sind viele Boote mit Bronzebolzen ausgerüstet worden.
Da ich in 2-3 Jahren vor der gleichen Problematik stehe, werde ich da mal genauer nachforschen.

Grüße,
André
Gruß,
André

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g.fahr
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Re: Kielbolzen – Bronze oder Stahl?

Beitrag von g.fahr » Mi 25. Mär 2009, 12:55

Moin André,

mein Ballast ist aus Guss. Und bisher war da irgendwelcher Feuerverzimkte Dreck drin als Bolzen.

Hm ja, die leidige Spannungsfrage. Und eine Opferanode (schmale) an den Kiel?
(unelegant)
Also, das spricht schonmal gegen Bronze.

Hatte auch noch gehört, daß Bronze fast zu weich sein soll. Die Gewinde leiden unter dem Druck, werden funktionsuntüchtig. Ich hab Bronzebolzen im Vorschiff. Aber das ist ja auch kaum
Gewicht drauf.
hast du schonmal was von einer Legierung aus Alu & Bronze gehört?
das soll sehr fest sein. Vergleichbar mit VA. (Hauptsache es bricht nicht...)
Bin bei solchen Experimenten immer etas skeptisch...

Gibt es eigentlich irgendetwas das FÜR Bronze spricht, ausser der Optik, dem schöneren Material...? Und dem preis...

Beste Grüße,
Gertrud
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Re: Kielbolzen – Bronze oder Stahl?

Beitrag von g.fahr » Mi 25. Mär 2009, 13:04

Aluminium -1,67

aua!

ich kenn die genaue Legierung von diesem alubronze nicht, bekomms aber raus.

Bries

Re: Kielbolzen – Bronze oder Stahl?

Beitrag von Bries » Mi 25. Mär 2009, 18:48



Hr Fahr,

Aluminium bronze legierung ist fester / als nur bronze.

wird unter verschiedene namen von propeller herstellern verwendet.

m fr gr G.Fongers.
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Re: Kielbolzen – Bronze oder Stahl?

Beitrag von uli » Mi 25. Mär 2009, 20:08

hallo,
zufällig bin ich gerade in der aktuellen wooden boat über eine auflistung von metallen gestolpert, die "from cathodic (most noble) to anodic (least noble)" geordnet sind. hier fängts ganz oben an bei monel 400 und 500, und direkt danach (!) kommen "18-8 stainless steel 316(passive), dann "18-8 stainless steel 304 (passive)". danach an vierter stelle ist dann aluminiumbronze aufgeführt. blei kommt eins vor siliziumbronze, und die beiden rostfreien stähle in "passive" noch etwas später.
wenn ich mich recht erinnere, bedeutet passiv bei rostfreiem stahl, dass sich an seiner oberfläche eine sehr dünne, aber widerstandsfähige oxidschicht (kein rost) bildet, die aber nur in kontakt mit sauerstoff entstehen kann. (bitte korrigiert mich, wenn ich da falsch liege).
leider weiss ich nicht mehr darüber, aber aus der liste oben kann man schon einmal herauslesen, dass rostfreier stahl nicht gleich rostfreiem stahl ist und bronze unter umständen eine alternative sein kann.
vielleicht gibt es ja einen fachmann im forum, der sich besser damit auskennt?
viele grüße uli
nvonholdt

Re: Kielbolzen – Bronze oder Stahl?

Beitrag von nvonholdt » Mi 25. Mär 2009, 20:18

Das Zeug heißt AB4S im Handel, Zugfestigkeit von 740N/mm², Streckgrenze 480N/mm², Legierung: CuAl10Ni5Fe4.

in derSpannungsreihe dürfte es etwa bei +0,3V liegen

Das Material ist sehr gut gegen Meerwasser beständigt.

Ich würde Ab4S verwenden. Die Korrosionbeständigkeit ist besser.
Die Zugfestigkeit ist höher als bei Edelstahl, aber die Stahlbolzen, die bisher eingebaut waren und nun nicht mehr vorhanden sind, dürften ungefähr eine Zugestigkeit zwischen 370-560N/mm² gehabt haben. Edelstahl liegt bei 450N/mm²
1.4571 (V4A) bietet sich auch an, aber die Korrosionsbeständigkeit ist erst in Verbindung mit Sauerstoff gewährleistet.

Jedoch ist AB4S nicht als Gewindestange erhältlich. Der Bolzen muß komplett gefertigt werden (Gewinde schneiden). Wie es mit Normalien (Muttern,Scheiben) aussieht vermag ich nicht zu sagen.

Gruß
Niels von Holdt

Nachtrag zu uli`s Beitrag:
AISI 316 entspricht etwa 1.4571 (V4A)
AISI 304 entspricht etwa 1.4301 (V2A)
beide Stähle sind icht rostfrei, sondern rostarm........ (Absicherung der Hersteller), jedoch nimmt die Korrosionsbeständigkeit durch Polieren zu.
Die Korrosionsbeständigkeit ist vom Chromgehalt abhängig, der mit Sauerstoff die schützende Schicht bildet. Das nette anschauliche Beispiel ist das Gummiband auf einer aus 1.4301 bestehende Welle. In kurzer Zeit hat man unter dem Gummiband einen "schönen" Korrosionsring.
André bauer
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Re: Kielbolzen – Bronze oder Stahl?

Beitrag von André bauer » Mi 25. Mär 2009, 21:11

Hallo,
eben weil Bronze im positiven Bereich bei 0,3 Volt liegt und Gußeisen bei -0,42 bis -0,18, ergibt sich ein Spannungspotenzial von mindestens 0,5 V.
Da fährt man mit einem Gußballast und Edelstahlbolzen meiner Meinung nach besser,
weil beide im negativen Bereich relativ dicht beieinander liegen.
Muß morgen mal im Dubbel suchen... hoffentlich hat der 'ne bessere Tabelle als das Tabellenbuch Metall, der Stahlatlas wär auch ne Chance.

Grüße,
André
Gruß,
André

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Re: Kielbolzen – Bronze oder Stahl?

Beitrag von Georg P604 » Mi 25. Mär 2009, 21:28

Hallo Zusammen,
Ich denke das hier der Einfluß der Gerbsäure in der Kielplanke , welche von den Kielbolzen
durchdrungen wird, den größeren Einfluß hat, sehr oft sind die Bolzen in diesem Bereich
völlig zerstört, ebenfalls wird zb.: bei Larson auf den schädlichen Einfluß hingewiesen.
Bronzeschrauben werden dort als erste Wahl angesehen.

Gruß Georg
Gruß Georg
nvonholdt

Re: Kielbolzen – Bronze oder Stahl?

Beitrag von nvonholdt » Mi 25. Mär 2009, 23:55

Hallo,

ich möchte de Materialfrage mal aus einer anderen Perspektive hinterfragen.

Bei meinem Schiffchen waren die verzinkten Stahlkielbolzen nach ca. 50 Jahren "fällig".
Die Lebensdauer eines beständigeren Materials schätze ich auf 70 Jahre. Diese 20 Jahre spielen für mich letztendlich keine Rolle.....mehr.
Also werde ich auf meinen Gedbeutel achten, um sonstige Instandsetzungsarbeiten durchführen zu können.

1.4571
Kostengünstige Gewindestangen sind erhältlich, Muttern und Scheiben ebenfalls.

AB4S
Die Stehbolzen muß ich ausmessen und anfertigen lassen, Muttern und Scheiben evtl. ebenfalls.

Das bedeutet, daß sich die Kosten für die AB4S Bolzen leicht verdreifachen.
Von der Festigkeitseite bringen Bolzen aus AB4S keinen Vorteil, die alten Stahlbolzen waren ja ausreichend. Also sind Bolzen aus 1.4571 mit einer vergleichbaren Festigkeit zu den Stahlbolzen gleichwertig.

Nun stellt sich für mich die Frage, was hat die alten Bolzen, bzw. den Korrosionsschutz "zerlegt"? War es die Korrosion Wasser/Stahl oder die Gerbsäure aus dem Kiel (Eiche)?
Mit Bolzen aus 1.4571 ist die Korrosionsbeständigkeit gegen Seewasser besser, mit AB4S Bolzen noch besser.
Wenn es die Gerbsäure war, dann hat die die Verzinkung der Stahlbolzen zerstört und der normale Korrosion den Weg geebnet. Aber die Gerbsäure dürfte sich in 50 Jahren auch "rausgewässert" haben, so daß die geringfügig bessere Säurebeständigkeit zu AB4S keine Rolle mehr spielt.
Bleibt die elektrogalvanische Spannungsreihe....es ist ein schwieriges Kapitel, da letztendlich viele Variablen eine Rolle spielen.
Ein gut eingedichteter Edelstahlbolzen kann durch Sauerstoffmangel keinen Korrosionsschutz aufbauen und wird korrodieren. Liegt aber besser in der Spannungsreihe und ist Säurefester.

Ein Bolzen aus AB4S liegt schlechter in der Spannungsreihe, muß aber keinen Korrosionsschutz in Verbindung mit Sauerstoff aufbauen und eine Beständigkeit gegen schwache Säuren ist gegeben.

Ein verzinkter Stahlbolzen liegt wunderbar in der Spannungsreihe, aber die Säurefestigkeit ist schlecht. Und was endet alles in der Bilge....Essigreiniger, Putzmittel mit Zitronensäure

Somit schließt sich der finanzielle Kreis wieder. AB4S Bolzen eignen sich hervorragend in Seewasser, aber die Anfertigungskosten.....
Ich bin der Meinung, daß spätestens in 50 Jahren der Kiel wieder unter dem Schiff heraus muß. Dann hat das Totholz bereits seine 100 Jahre auf dem "Buckel" und wird mit Sicherheit auch renovierungsbedürftig sein.

Natürlich steht der Sicherheitsaspekt (Zugfestigkeit) an vorderster Stelle, aber dieser ist durch 1.4571 oder AB4S im Hinblick auf verzinkten Stahl erfüllt.
Dieser wäre schwerer zu erfüllen, falls beim Bau bereits Edelstahlbolzen verwendet worden wären.

Es mag sein, daß ich durch meine Ansicht die gesamte "Gemeinde" gegen mich aufbringe, aber niemand von uns würde seinen Holzmast gegen Carbon tauschen, nur weil das Topgewicht dramatisch reduziert wird. Falls in dem Bereich eine Verbesserung notwendig ist, dann wird wohl der nächste Schritt Aluminium sein. Auch dabei entscheidet der Geldbeutel.

Ich bin auf Widersprüche gespannt........noch sind die Nirokielbolzen meines Bootes nicht endgültig montiert....

Gruß

Niel von Holdt

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