Klassiker oder nicht?

Martin

Klassiker oder nicht?

Beitrag von Martin » Do 5. Jan 2006, 09:45

Im Forum der Seglerbravo (Yacht) hat jemand GFK Klasikeryachten zu einer Regatta nach Travemünde geladen.

Inspiriert durch die Einladung habe ich ein paar Gedanken. Vielleicht geht es Euch ähnlich, mich interessieren zu diesem Thema andere Standpunkte.

Das Klassiker-Problem!

Wann ist ein Schiff (oder Auto) wirklich ein Oldtimer. Früher war das einfach, da waren die Produktionsraten meist so gering, das jedes Fahrzeug, daß älter als 30 Jahre alt war, selten und damit schon mal grundsätzlich erhaltenswert/wertvoll/museal wurde.
Seitdem es Massenproduktion gibt, sind Dinge die ein hohes Alter erreichen nicht mehr automatisch selten und haben logischerweise auch nicht mehr den wertsteigernden Seltenheitsfaktor.

Ist ein Golf I nur weil er vor über 30 Jahren gebaut wurde wirklich ein Oltimer? Nach der Altersdefinition auf jeden Fall, aber empfinden wir einen Golf wirklich als Oldtimer, so, wie beispielsweise einen 30 Jahre alten Knudsen Taunus, oder Opel C Rekord?

Das blöde bei Sammlungszielen bei Häfen oder Segelveranstaltungen, (z.B. Museumshäfen, Häfen für klassische Yachten, Robbe & Berking) ist ja, daß es irgendwelche Auswahlkriterien geben muß, wenn es die nicht gäbe wäre die Auswahl beliebig und überflüssig. Leider erweitert sich die Auswahl aber ständig und droht so sich selbst ad absurdum zu führen. Erst waren es reine alte Arbeitsschiffe aus Holz oder Stahl (selten), dann auch alte Gaffelgetakelte Yachten aus Holz oder Stahl(weniger selten), dann alte hochgetakelte Yachten aus Holz oder Stahl (noch weniger selten) und nun kommen die ersten GFK Yachten - Hauptsache sie sind über 30 jahre alt?

Wann kommen dann Bavarias, die über 30 Jahre alt sind?
(wann wurde denn die erste Bavaria überhaupt gebaut?)

Ich habe weiß Gott nichts gegen schöne klassische Yachten, ich habe auch nichts gegen einen Golf I. Aber macht ein Golf I bei einer markenübergreifenden Oldtimer Ausfahrt eine gute Figur? Ist "irgendeine" 70 Jahre Massenproduktions Kunststoffyacht eine klassische Yacht, nur weil sie alt ist?

Das reicht doch einfach nicht als Bewertungskriterium, oder?

Nun aber Fertigungszahlen, Seltenheit(Stichwort Exoten) oder eine schwer zu bewertende Ästhetik heranzuziehen erscheint auch fragwürdig. Letztendlich muß sich jede eingrenzende Organisation, ob Regattakomitee, oder Museumshafenvorstand damit abfinden, daß alle Kriterien zwangsläufig vage sind. Und jeder Eigner eines abgelehnten Schiffs muß sich im Klaren sein, das die Bewertungskriterien nicht objektiv aber vor allem nicht einklagbar sind.
André Bauer

Re: Klassiker oder nicht?

Beitrag von André Bauer » Fr 6. Jan 2006, 22:28

Moin Martin,
tja, ich denke Du hast schon alle Punkte erfaßt und eine richtige oder falsche Defintion kann es dafür wirklich nicht geben.
Aber ich meine auch, das klassische Yachten mindestens aus Holz oder Stahl sein sollten. Obwohl, wenn Stahl warum dann nicht auch Gfk?
Wenn KR-Kreuzer mit ihren teils schon recht modernen Linien klassisch sind, warum nicht Gfk-Schiffe mit ähnlichen Linien?
Meine persönliche Definition eines Klassikers
ist: Holz als Baumaterial, lange und nicht gemäßigte Überhänge und kleine flache Decksaufbauten.

Ob es jetzt Proteste aus der KR-Fraktion hagelt?

Grüße aus Bremen,
André
P.Jacobsen

Re: Klassiker oder nicht?

Beitrag von P.Jacobsen » Sa 7. Jan 2006, 20:40

Hallo Martin,
Klasse Beitrag.
Gruss aus Spanien.
Peter
Matthias (C690)

Re: Klassiker oder nicht?

Beitrag von Matthias (C690) » So 8. Jan 2006, 10:29

>>Ob es jetzt Proteste aus der KR-Fraktion hagelt?

Nein, aber eine Rückfrage aus der "Jollenkreuzerfraktion".
;)

Wie klassisch dind denn die Jollis (und E-, H-, Pirat-, J-Jollen) denn? Und wenn es "klassische" Jollenkreuzer gibt, wäre denn ein Vollholz-Ernst-Boot mit relativ großer Kajüte und breitem Heck ein "Klassiker"? Oder meine Lärchenholz-Knickspantkiste?
wilfried horns

Re: Klassiker oder nicht?

Beitrag von wilfried horns » So 8. Jan 2006, 12:21

Lieber Matthias,

na klar sind die alten Jollenkreuzer „Klassiker“, diese Boote bilden einen wichtigen Strang in der deutschen Bootsbautradition. Klassiker auf Schiffe mit langen Überhängen und kleine Decksaufbauten zu reduzieren, wird natürlich der großen Vielfalt der Bootstypen vom Tourenkreuzer a la „Nyota“ bis zur breiten Wanderjolle nicht gerecht.

Auch die Reduzierung auf das Bootsmaterial und die Bauweise als Auswahlkriterium oder eine Definition allein über das Alter („alle vor 1970“) ist natürlich einseitig, mag aber ausreichen für die Frage, welche Boote für Klassikerregatten zuzulassen sind.

Ich empfehle, die Artikel zum Thema „Was ist eine klassische Yacht?“ auf der Seite www.fky.org/freundeskreis/klassische_yacht.htm zu lesen und in der Diskussion zu berücksichtigen.

Mit besten Grüßen
Wilfried Horns
axel

Re: Klassiker oder nicht?

Beitrag von axel » So 8. Jan 2006, 18:49

tja, was ist nun ein klassiker...???
in meinen augen war es immer der "urtyp" einer yacht: aus holz, schlank, schön, elegant...
und was mache ich nun? ich hänge mit meiner replik einer jagt irgendwie dazwischen. ein schiff, das sehr authentisch ist, mit vielen liebenswerten details, fast ein one-off, mit einem absolut originalen erscheinungsbild, z.t. "originaler" als alte schiffe daherkommen, die zur unkenntlichkeit verstümmelt wurden. kein kritikpunkt an diesen. nur: wo ist mein standort? ich habe mein schiff restauriert, wie jeder andere hier auch, habe das erscheinungsbild dem original nahe gebracht. so original, dass niemand auf die idee käme, es wäre eine replik.
mir kommt es eigentlich weniger auf eine gleichstellung mit "richtigen"klassikern an...
aber: ich habe ein schiffgeschaffen, das einmal der tradition verhaftet ist, und vor allem: vielen passanten freude durch ein erscheinungsbild macht, das seinesgleichen sucht!
natürlich ist ein original 100 jahre alter fife ein hammer. toll, wenn menschen das gespür für solche yachten haben, und viel zeit und geld in diese denkmäler investieren... absolute träume...
aber haben nicht auch, wo klassiker immer weniger werden, diese repliken ihre berechtigung?
vielleicht nicht in diesem erlauchten kreis, aber in den augen der betrachter?
Matthias (C690)

Re: Klassiker oder nicht?

Beitrag von Matthias (C690) » So 8. Jan 2006, 19:56

Tja, lieber Wilfried,
"die" Jollenkreuzer sind sicher ein wichtiger und klassischer Strang der Bootsbautradition hierzulande, aber wo beginnt das "Klassische", und wo hört´s auf?
Nicht umsonst hab´ ich ja ein Bild meines Bootes eingestellt: ein Knickspanter, wohl des einfacherern Baus wegen, negativer Deckssprung, und (zumindest in Deckshöhe) etwas ausladend füllige Rundungen. Vermutlich ein Selbstbau aus Schwerin, ich würde sagen ein typisches "Brot-und Butter-Boot" der 60er Jahre. Liegt es im Hafen neben einem, sagen wir mal, Bollfras-Meisterbau, wirkt es wie, hm, sagen wir mal, eine brave Arbeiterfrau (durchaus gepflegt) neben einer eleganten Dame.

Oder sind die Vollholz-Jollis der 70er Jahre, z.B. nach einem Riß von Manfred Ernst mit relativ breitem Heck und großer Kajüte, im Erscheinungsbild sehr ähnlich den zu der Zeit aufkommenden GfK-Bauten, als "Klassiker" zu werten?

Und wäre ein in jetziger Zeit ein Planke auf Spant gebauter Jolli (in Berlin entsteht gerade einer) ein "Klassiker"?

Sicher, es sind alles Gedanken und Fragen, die in einer Zeit entstehen, wenn´s zum Segeln und zum Lackieren zu kalt ist (und selbst Schleifereien nix für Weicheier sind) - aber für gänzlich sinnlos halte ich sie nicht, hängt doch von den unterschiedlichen Sichtweisen u.A. die Startberechtigung bei allerlei "Klassikerregatten" ab.
Manfred Jacob

Re: Klassiker oder nicht?

Beitrag von Manfred Jacob » Sa 14. Jan 2006, 15:06

Hallo zusammen,

Serienbau und große Auflage sind keine Kriterien um Klassiker abzugrenzen.

Alle Boote der Einheitsklassen wie Piraten, O-Jollen, 12-qm Scharpies, Elb-H-Jollen oder Wal-Boote, Malteser-Kreuzer,
Hansa-Jollen usw. sind Klassiker, sofern sie aus klassischen Materialien gebaut wurden.

Eine alte Conger-Jolle aus Plaste oder ein alter Holz-FD haben es da schon schwerer. Diese Jollen sind Grenzfälle, bei vielen Klassiker Veranstaltungen werden sie zur Zeit nicht zugelassen.

Ahoi
Manfred Jacob
Martin

Re: Klassiker oder nicht?

Beitrag von Martin » Do 19. Jan 2006, 19:54

Aha und was sind "klassische Materialien"?
Manfred Jacob

Re: Klassiker oder nicht?

Beitrag von Manfred Jacob » Fr 20. Jan 2006, 18:32

Hallo Martin,

klassische Materialien sind hier Vollholz.

Ahoi
Manfred
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