Frage zum Pirat von A & R

Matz
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Frage zum Pirat von A & R

Beitrag von Matz » Sa 28. Jul 2007, 15:46

Hallo zusammen! Wir haben uns einen langgehegten Wunsch erfüllt und einen Piraten von Abeking & Rasmussen gekauft, Baujahr 1959. Der Originalzustand ist recht gut. Den alten, ca. 89lagigen matten Lack habe ich schon mit dem Heißluftfön entfernt und gerade mit der Neulackierung begonnen. Was mir etwas schleierhaft ist, ist die Mastlagerung. Der Holzmast ist im unteren Bereich bis etwas oberhalb des Decks quadratisch. Am Kiel ist eine Aussparung, in die ein Nocken am Mastfuß passt. Im Deck ist eine passende, nach hinten offene quadratische Aussparung, in welche der Mast passt. Wird er nun nur durch die Wanten gehalten, oder noch irgendwie in diesem Bereich befestigt? Links und rechts der Decksaussparung sind im Abstand von jeweils ca. 5 cm Hülsen bzw. Rohre, die durch das Deck führen. Wofür sind die dort? Gibt es vielleicht eine Konstruktion bzw. irgendein Teil, was dort hingehört und den Mast noch sichert? Würde mich freuen, wenn sich einer mit dieser Jolle auskennt und mir erklären könnte, wie dieser Bereich aussieht. PS: meine Frau ist die Seglerin in unserer Familie, ich bin für die Restaurierung zuständig. Verzeiht also meine etwas unseemännische Ausdrucksweise.... Viele Grüße, Matthias
Garrett50
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Re: Frage zum Pirat von A & R

Beitrag von Garrett50 » Sa 28. Jul 2007, 16:56

Moin Matthias ,

ich gratuliere zu Euerer Neuanschaffung und kann Euch hierzu folgendes erklären :

1. Die Kontrolle der Mastbiegung hat man früher durch Steckkeile beeinflusst , die vor dem Mast in die von Dir beschriebene Decksöffnung gesteckt wurden .
Es waren üblicherweise flache Platten von etwa 5 mm Stärke , z.B. aus Pertinax , siehe Beitrag vom 26. Juli , die locker in die Öffnung passten und die rechts und links einen Überstand hatten , sodass ein pilzförmiger Querschnitt entstand .
Je nach Windstärke , Segelprofil , Mannschaftsgewicht, usw. hat man dann die Anzahl dieser Steckkeile vor dem Mast und vor dem Segelsetzen gewählt und die nicht benutzten
hinter dem Mast lose gelagert . Dazu gab es einen aufklappbaren Riegel , der die Decksöffnung nach hinten verschloß .
Ohne diese Steckkeile ist der Mast zu lose und es sollte nicht ( zumindest nicht bei starkem Wind ) ohne sie gesegelt werden .

2. Die Hülsen im Deck sind für die Fallen von Groß- und Vorsegel ( heute haben alle PIRATEN auch noch ein Spinnaker-Fall ) vorgesehen. Die Fallen werden durch das Deck , dann unten an jeder Mastseite über einen Umlenkblock geführt , der die Fallen zur Achterkante des Schwertkastens umlenkt , auf die dort befindlichen Klampen . Meistens gab es noch einen `Igel ` an jeder Seite des Schwertkastens , eine Spannvorrichtung aus einem Holzbrett mit etwa je zehn noch oben geöffneten Nocken . Man konnte dann das belegte Fall anheben und an einer beliebigen Stelle des ` Igels ´ hinter einen Nocken gleiten lassen , sodass eine brauchbare Spannung der Vorsegel-Vorlieks dauerhaft eingestellt werden konnte .


Unlängst habe ich ebenfalls einen alten A & R Piraten mit/für meine Lehrlinge restauriert und wir mussten sogar den Schwertkasten erneuern - aber die Freude nach gelungener Arbeit entschädigt immer wieder.

Ich wünsche Euch viel Spaß beim Segeln .

Gruß G.
Matz
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Re: Frage zum Pirat von A & R

Beitrag von Matz » Sa 28. Jul 2007, 17:59

Hallo Garret, danke für die schnelle und ausgezeichnete Erklärung, ich hatte mich schon gefragt, wofür diese merkwürdigen, gezackten Bretter am Schwertkasten, die offensichtlich nicht original sind, gut sein sollten.
Die "Keile" sind bei unserem Piraten leider nicht mehr vorhanden, nach deiner Beschreibung sollte eine Anfertigung aber kein Problem darstellen. Ich hoffe, ich habe das richtig verstanden, dass diese Keile nicht seitlich, sondern bugseitig eingesetzt werden.
Der Riegel zur Sicherung der Decksaussparung ist ebenfalls nicht mehr da, denke aber, da reicht ein drehbares Holz, also eine Art Überwurf. Nochmals vielen Dank und ein schönes Wochenende wünscht Matthias
Holger
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Re: Frage zum Pirat von A & R

Beitrag von Holger » Do 2. Aug 2007, 22:48

Du hast richtig verstanden, die Keile werden an der Vorkante des Masts eingesetzt. Mein Pirat (1960) hat nach achtern gar keine Sicherung, und steht hervorragend....

@ Garrett50: Hast du einen Spi an dem restaurierten Holzpiraten? Da würden mich die Beschläge am Mast interessieren.... (und vielleicht brauche ich in ein paar Jahren mal Rat beim Schwertkasten)
rw

Re: Frage zum Pirat von A & R

Beitrag von rw » Fr 3. Aug 2007, 00:13

Matz schrieb:
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> ich hatte mich schon
> gefragt, wofür diese merkwürdigen, gezackten
> Bretter am Schwertkasten, die offensichtlich nicht
> original sind, gut sein sollten.

Doch, die waren früher (A&R 1964) auch dabei und können somit noch original sein.



> Der Riegel zur Sicherung der Decksaussparung ist
> ebenfalls nicht mehr da, denke aber, da reicht ein
> drehbares Holz, also eine Art Überwurf.

Ich kenne keinen A&R-Piraten, bei dem ein derartiger "Riegel" (serienmäßig) eingebaut war, ich weiß auch gar nicht, ob das Teil erlaubt war oder auch ist. Näheres bei der Piraten-KV.

Viel Spaß!

@Holger: Ein Block über dem Vorstag für das Fall, je einen Block für den Toppnant und den Niederholer am Mast (der für den Niederholer quasi gleich über dem Deck), ein Beschlag zum Einpicken des Spibaums. Klampen für die Fallen am Mast. So war's bei unserem 64er Vereins-A&R, als ich auf ihm Mitte der 70er anfing.
Matz
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Re: Frage zum Pirat von A & R

Beitrag von Matz » So 5. Aug 2007, 20:15

Danke an alle für die Antworten. Die "gezackten Bretter" sind bei unserem Piraten sicher nicht original, dafür sind sie zu dilettantisch ausgeführt, außerdem mit verzinkten(!) Schloßschrauben angebaut, so gar nicht in der Art von A&R. Entweder waren da vorher keine, oder die originalen sind von einem Grobmotoriker ersetzt worden. Da wir den Piraten so original wie möglich aufbauen möchten, hätte ich noch eine Frage (vorerst, wird sicherlich noch mehr): welche Beschläge (Klampen, Klemmen etc.) waren wo ab Werk montiert, ich denke mal, die die momentan vorhandenen sind nicht original. Falls sich das nicht ermitteln lässt, wäre ich auch für Tipps dankbar, welche Beschläge zum Baujahr passen würden und wer sie liefert (Toplicht?). Danke nochmals und viele Grüße, Matthias
Garrett50
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Re: Frage zum Pirat von A & R

Beitrag von Garrett50 » So 5. Aug 2007, 21:39


Mojn Matz ,

habe eine ausführliche PN gesendet .

Gruß G.
Holger
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Re: Frage zum Pirat von A & R

Beitrag von Holger » So 5. Aug 2007, 22:34

Beschläge gibt es auch bei Dauelsberg, die haben hervorragenden Service und einige Sachen speziell für Piraten (Vorstagbelschag, Baumgabel) im Programm.
ra58097
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Re: Frage zum Pirat von A & R

Beitrag von ra58097 » Mo 6. Aug 2007, 12:40

Hallo Holger,

vielen Dank für den Hinweis auf "Dauelsberg", da ich auch gerade einen Piraten restauriere, der leider keine Beschläge mehr hat.
Kannst Du bitte die vollständige Adresse mitteilen, da ich bei den Suchmaschinen entweder eine Buchfirma oder einen Vercharterer finde.

Besten Dank,
ra58097
rw

Re: Frage zum Pirat von A & R

Beitrag von rw » Di 7. Aug 2007, 10:52



@ra58097: DAUELSBERG, GD Boote
Ochsenweiderweg 6, D-27751 Delmenhorst-Deichhausen, Tel: 04221/41207 (die Adresse findest du unter http://www.fky.org/marktplatz/beschlaege.htm :-)

@Matz:
mir fallen als Besonderheiten ein:
- Vorstag wurde über einen Strecker durch den Bugbeschlag hindurch auf eine (Esche-) Klampe in Mastfußnähe (vor dem Mastfuß ist ein Brett) geführt

- auf beiden Seiten des Schwertkastens je eine kleine Bronzeklampe, auf die die Fallen geführt wurden; AKAIK Stb für das Groß, Bb für die Fock; Form ein bisschen ähnlich wie die Herreshoff-Klampen unter der Toplicht# 1608-100

Rüdiger
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