Unterwasserschiff Seekreuzer

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Geronimo
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Unterwasserschiff Seekreuzer

Beitrag von Geronimo » So 3. Mär 2013, 18:08

Hallo,

ich bitte das Forum um Hilfe bei folgender Aufgabe:

Leider ist vergangenen Frühjahr mein Vater verstorben, somit der Eigner eines 5,5 KR Kreuzers aus Bootsbausperrholz, Bj 1962. Nun bin ich gefordert, mich um die Zukunft dieses Schiffs zu kümmern. Ob ich (44J., Segelerfahrung immer als "Mitsegler" aan Bord meines Vaters), mit Unterstützung eines oder mehrerer Partner dazu in der Lage bin, muss sich zeigen (Zeit, geld, Erfahrung etc.).

In jedem Fall würde ich gerne das Schiff in diesem Jahr wieder zu Wasser zu lassen. Vorher müssen allerdings noch einige Arbeiten am Unterwasserschiff erledigt werdern, die im Vorjahr begonnen wurden.

Das Schiff hat in den letzten Jahren immer wieder Wasser gezogen, mengenmässig undramatisch bei hauptsächlicher Nutzung als Wohnsitz im Hafen oder "schönwettersegeln" im Jaderrevier.

In jedem Herbst im zeigte sich allerdings an Land das aus den Fugen des Totholzes Wasser austritt, das irgendwann irgendwo eingedrungen ist. Wie auf den Bildern erkennbar, scheint man schon versucht zu haben, diese Fugen mit Kitt abzudichten.

Hier gab es nun von verschiedensten Seiten u.a. folgende Vorschläge:

1: Generalüberholung Kiel

Komplette Demontage, Prüfung Kielbolzen, eventuell Erneuerung etc.. Wäre natürlich schon eine Großbaustelle, die vermutlich nur unter Hinzuziehung einer Werft mit erheblichem Kostenaufwand zu realisieren ist.

Den Versuch die Kielbolzen nachzuziehen hat mein Vater schon in den letzten Jahren gestartet, mit mässigem Erfolg. Zustand der Bolzen im Totholz (ist das richtige Ausdruck?) und Ballast ist unklar, in jedem Fall sitzen die Verschraubungen oberhalb des Kiels so bombenfest, dass mit Nachziehen hier nicht viel zu erreichen war.

2.: Abdichtung/ neuer Farbaufbau

Alle Farbe und Kitt komplett runter und neu Aufbauen, Abdichtung Kielfuge oben mit Fensterkitt (Flexibel und überstreichbar), dann möglichst flexible, wasserdichte Grundierung:

a) flüssiger Teer (Bitumen) - fällt heutzutage aus, weil verbiten
b) Grundierung mit teerfreier Bitumenfarbe in diversen Schichten (EPIFANES UNDERWATERPRIMER o.ä.)

Hier jetzt zunächst einmal folgende Fragen:

1. Muss ich mir grosse Sorgen machen, dass strukturelle Schäden vorhnaden sind oder entstehen könnten?

2. Macht es Sinn zunächst Lösung zwei anzugehen, sehe mich/ uns ansonsten direkt zu Beginn komplett überfordert?

3. Macht es Sinn über eine Abdichtung der einzelnen Fugen im Totholz (Kitt/ Kálfatern ....) vor Auftragen der o.g. Beschichtung nachzudenken?

Bilder im Anhang

Freue mich auf Antworten, Danke schonmal im Voraus





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André bauer
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Re: Unterwasserschiff Seekreuzer

Beitrag von André bauer » Mo 4. Mär 2013, 14:39

Moin,
also, so wie die Fugen aussehen, würde ich unbedingt zumindest die Randbereiche und die Fugen freilegen.
Gerade Sperrholz ist gegen Feuchtigkeit sehr empfindlich.
Die Innenlagen von Sperrholz sind aus weniger fäulnisbeständigem Holz, daher fault es von innen nach außen.
Wenn das Problem schon länger besteht, ist die Geafhr, dass das Sperrholz schon angefault ist nicht zu unterschätzen.

Ob ein Ziehen der Bolzen sinnvoll ist oder nicht hängt vom Bolzenmatrial, der verwendeten Dichtung und vom Material der Kielsohle ab.

Fensterkitt (Leinölkitt) ist nicht dauerhaft flexibel, an alten Fenstern gut zu sehen.
Das Holz sollte sofort freigelegt werden, Sperrholz trocknet durch die Leimschichten nur sehr langsam und das Boot soll ja dies Jahr ins Wasser.

Ich würde mir mehr Sorgen um das Holz als um die Bolzen machen.
Eine neue Abdichtung, neue Farbe macht nur Sinn wenn das Holz trocken ist.
Vorsicht beim Trocknen mit Heizlüftern oder in geheizter Halle.
Die ebenso feuchte Kielsohle kann durch plötzliche Trocknung reißen.
Ist mir auch passiert, obwohl das Boot nur nach jahrelanger sehr feuchter Lagerung draußen in eine ungeheizte Halle kam.

Mit einem günstigen Holzfeuchtemesser für 20 € kannst Du feststellen, wie es um das Holz steht.
Keine Farbe bei mehr als 15 %, Sperrholz ist innen auch feuchter als außen.
Bei 20 % beginnen die Fäulnisprozesse.

Ob Du mit der Komplettkur überfordert bist, kannst nur du beantworten.

Bolzen ziehen ist eigentlich nicht der ganz große Aufwand.
Nutz mal die Suchfunktion mit Beiträgen allen Alters, dann findest Du Fotos von meiner Vorgehensweise.
Vorausgesetzt die Bolzen sind von unten in den Ballast gesteckt und oben mit Muttern verschraubt.
Könnte sogar meine Ziehvorrichtung zur Verfügung stellen, ist aber auch ganz einfach
selbst bzw. vom Schlosser für ganz kleines Geld zu machen.
Komme aus Bremen.
Rostlöser (bei Stahl natürlich, für Bronze nicht) hilft auch schon, wenn Ihr euch doch entscheidet, die Bolzen zu kontrollieren.
Bis sich was lösen läßt kann es Wochen dauern, immer wieder einsprühen.

Ist der Ballast Gußeisen oder Blei?
Sind die Bolzen Bronze, vergiß sie einfach, da passiert kaum was dran.
Bei Edelstahl würde ich mir auch erstmal keine Sorgen machen so alt ist das Schiff ja noch nicht.

Gruß,
André

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bob57
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Re: Unterwasserschiff Seekreuzer

Beitrag von bob57 » Mo 4. Mär 2013, 15:12

Hallo Geronimo,

ich besitze eine 23 `Van der Stadt, Sperrholz - Rumpf, Kurzkieler, Jahrgang Ende 60er.

Vor 4 Jahren trat folgendes Problem auf:
Beim Kranen zeigte sich ein Haarriss rings der Verbindung Totholz zu Kiel.
Die Stelle blieb nachhaltig feucht bis Ende des Herbstes, also war klar: Wassereinruch.

Ich habe zunächst mal die Kielbolzen gangbar gemacht, was den ganzen Winter dauerte. Immer wieder Einsprühen hats gebracht.

Im Frühjahr Kiel auf dem Trailer fixiert, Kielbolzen gelöst, Boot sachte angehoben und aufgepallt.
GsD wat das Totholz ebenso noch intakt wie die Bolzen. Also habe ich die ganze Geschichte nur picobello sauber gemacht, eine kleine Fuge eingeflext und alles mit Sikaflex eingedichtet. Dann wurde der Kiel wieder unters Schiff gehoben, verschraubt und alles wieder abgesenkt. Zum Schluß wurde die Fuge mit Sika ausgespachtelt.
Die Baustelle ist seit drei Jahren dicht und sauber.

Insgesamt ging das alles recht problemlos, ich hab viel zu viel Angst vor der Sache gehabt.


In deinem Fall sieht es etwas anders aus, denn im Gegensatz zu meinem nimmt dein Boot ja Wasser von aussen ins Bootsinnere und das ist für Sperrholzrümpfe absolut tödlich.

Wo könnte Wasser eindringen?
Entweder über die Gänge der Kielbolzen oder über eine undichte Verbindung von Kielplanke zu Unterwasserschiff oder eine undichte Schäftung der Sperrholzplatten. Letzres ist allerdings sehr sehr selten.
Mit dem Totholz hingegen KANN das m. E. nix zu tun haben, denn das ist ja ausserhalb des Rumpfes befestigt, die Sperrholzplatten des UWS stossen in die Kielplanke, nicht ins darunter befestigte Totholz.

Also hat dein Boot vermutlich sowohl Flöhe (Wassereinbruch am Totholz) wie auch Läuse (Wassereinbruch an der Kielplanken-Rumpf-Verbindung.

Ich würde das Boot dieses Jahr keinesfalls ins Wasser bringen. Das Trocknen der Sperrholzplatten dauerte bei meinem Boot einige Monate. Schneller wirds bei deinem auch nicht gehen und vorher kannst du da nicht dran.

Was die Reparaturen angeht - du brauchst vor beiden keine Angst zu haben, abgesehen vor der Antwort auf die Frage, ob sich die Kielbolzen nochmals lösen lassen.
Einen Sperrholz - Rumpf zu sanieren ist unendlich viel leichter als ein beplanktes Boot wieder in Stand zu setzen.
Ich hab bei meinem Boot den Spiegel und ein Teil des ÜWS ausgewechselt, für die Holzarbeiten hab ich incl. der Anfertigung der Eckspanten zwei gute Wochenenden gebraucht.
Am längsten hats Streichen gedauert.
Gruß vom
Bob

(Diplom-Improvisationsprofi)
Geronimo
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Re: Unterwasserschiff Seekreuzer

Beitrag von Geronimo » So 10. Mär 2013, 23:00

Hallo Bob, Hallo Andre,

erst mal Vielen Dank für Eure Antworten. Prinzipiell habe ich verstanden, worum es geht, muss jetzt prüfen, was umsetzbar ist.

Ich gehe davon aus, das der Wassereintritt tatsächlich über die Gänge der Kielbolen erfolgt.
Die Fugen waren in jedem Herbst feucht. Ob das Sperrholz geschädigt ist, kann ich im Moment nicht beurteilen, bin 350km vom Schiff entfernt. Ich glaube aber, dass hier noch nichts schwerwiegendes passiert ist.

Interessant wäre allerdings wirklich zu wissen, wie der Zustand der Kielbolzen ist, zumal das Schiff als Langkieler mit Stropp gekrant wird.

In einem anderen Thread habe ich gelesen, das ein Forumsmitglied schon mal das Totholz am Kielbolzen geöffnet hat (Ausmessen, anbohren, prüfen, wieder verschliessen).

Was haltet Ihr davon?

Ich würde nach wie vor dazu tendieren, das Schiff in diesem Jahr ohne grosse Kielreparatur ins Wasser zu setzen. Vor allem, um rauszufinden, ob und wo es sonst noch hakt.

Gruß
André bauer
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Re: Unterwasserschiff Seekreuzer

Beitrag von André bauer » Di 12. Mär 2013, 09:37

Hallo Roland,
kurze Begriffsklärung:
Das Totholz liegt achterlich vom Ballast, der Ballast ist unter die Kielsohle gebolz, manche sagen Kielplanke oder so. Ich kenn die Kielplanke als die unterste Außenhautplanke die auf die Kielsohle läuft.
Die Begriffe sind regional oft sehr verschieden, aber das Totholz liegt immer hinter dem Ballast.

Das Schiff ins Wasser zu setzen ohne zu wissen, wie der Zustand des Sperrholzes, der Bolzen usw. ist ist ziemlich gewagt.
Sperrholz rottet von den Innenlagen nach außen, d.h. man sieht außen erst mal relativ wenig, während die Innenlagen schon halb fertig sind.
Die Außenlagen sind aus besserem Mahagoni, das nicht so schnell rottet.
Innen wird meist Okume oder anderes leichtes Mahagoni verwendet.

Davon würde ich unbedingt die Finger lassen, zumal man nicht weiß, wie lange dieser Zustand schon so ist.
Das Schiff hat bei diesem Wetter auf dem Freigelände keine Chance zu trocknen zumal die Farbe auch die Feuchtigkeit hält.
Ohne Farbe wäre das Holz aber bei Schnee/Regen und folgendem Frost auch in Gefahr.

Gruß,
André
Gruß,
André

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bob57
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Re: Unterwasserschiff Seekreuzer

Beitrag von bob57 » Di 12. Mär 2013, 11:23

Hallo Geronimo,

ich kann mich Andre nur anschließen.
Du riskierst u. U. dein Schiff!

Ich habs, glaube ich, schon mal geschrieben, aber nochmal:
Der Spiegel des Sperrholzrumpfes meines Bootes sah völlig intakt aus - keine Lackschäden, keine Risse, keine Beulen, Dellen usw. Alles sah aus wie es soll.
Am Spiegel hing ein ca. 25 Kilo schwerer Schlitten für den AB.

Meine Frau und ich wuchteten den 46 Kilo schweren AB an den Spiegel und hängten ihn an die Halterung am Schlitten.
Sekundenbruchteile später platze der Lack ab und ich hatte Motor, Schlitten und Teile des Spiegels in der Hand. Gottseidank packten Frau und Sohn gelich mit an, sonst wäre der AB wohl Schrott gewesen.

Wie gesagt, es war vorher nichts zu sehen.

Ich will dir deine Sachkompetenz nicht absprechen, aber bevor du zu einer endgültigen Entscheidung kommst, würde ich an deiner Stelle kompetenten Rat einholen und jemanden ans Boot holen, der sich die Sache mal ansieht. Unter Umständen verteuerst du durch ein paar Monate im Wasser die anstehenden Reparaturkosten ganz erheblich.
Gruß vom
Bob

(Diplom-Improvisationsprofi)
Pier
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Re: Unterwasserschiff Seekreuzer

Beitrag von Pier » Di 12. Mär 2013, 15:39

moin,

Totholz ist im Holzbootbau grundsätzlich jenes welches unterhalb der Kielplanke ( unterste Bauteil mit Sponungen ) sowie oberhalb, vor oder hinter dem Außenballast sitzt. Dieses vergrößert den Abstand zwischen Kielplanke und Außenballast zur Erreichung eines größeren Hebelarmes bei Krängung und somit mehr an Stabilität. Nicht Festigkeit - diese ist hier wohl örtlich dein Problem.
Und ja ein Wassern auf gut Glück und über längere Zeit ist nicht empfehlenswert. Es sei denn nur eben mal kurz um zu sehen wo es leckt und dann wieder an Land.
Lass doch einfach jemanden drauf schauen der Erfahrung in solchen Dingen hat. Die Leute kosten nicht die Welt und können Dir dann sagen was zu machen ist. Vieleicht ist der Instandsetzungaufwand gar nicht so erheblich und Du kannst im Hochsommer noch ein paar schöne Segeltage erleben.
Wenn Du im jetzigen Zustand in See gehen willst, solltest Du noch Anzahl und Zustand der Rettungsmittel und Pützen überprüfen ;).

Klugscheißmodus aus und viel Erfolg
Pier
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Re: Unterwasserschiff Seekreuzer

Beitrag von Geronimo » Sa 23. Mär 2013, 14:56

moin,

bedingt durch einige andere Umstände, wird es vermutlich diese Jahr sowieso nicht mehr zu einer Wasserung kommen. Vielleicht statt dessen mit Hilfe von Eurer (Andre?) oder anderer Seite tatsächlich zu einer Überprüfung der Kielbolzen- / Ballast- / und Totholzsituation.

Finde allerdings die Diskussion über Totholz sehr interessant:
Ich habe das in meinen ersten beiträhen immer mit (?) versehen, da ich mir selbst nicht ganz klar war über diesen Begriff. Ich würde nach euren Beiträgen und dem was ich in den letzten tage noch recherchiert habe, da eher Pier zustimmen.

Im Anhang noch ein Bild vom kompletten Schiff am Haken. Mit allem Totholz zwischen Kielplanke/ Kielschwein und Ballast.

@ Andre: melde mich in jedem Fall noch persönlich bei Dir!

Gruß, Roland
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