Moin,
am vergangenen Wochenende besuchte ich einen Kumpel, der mir sein neues Boot zeigen wollte.
Es handelte sich um einen 16er Jollenkreuzer, so um die 40 Jahre alt, Sperrholz-Rumpf, Holz-Rigg. Das Boot stand seit knapp acht Jahren abgedeckt auf dem Trailer in der Halle.
Der Jolli ist in einem unverhältnismäßig guten Zustand, die Lackierung sehr gut, Rigg, Segel und das gesamte laufende Gut kaum gebraucht. Lediglich am Mast ist die Lackierung etwas verwittert. Insgesamt ein Objekt, dem man die Zuwendungen des Vorbesitzers ansieht.
Einziges Manko: Auf Grund einer Beschädigung des Rumpfes, unmittelbar unter der Scheuerleiste, wurden 20 x 20 cm Sperrholz ausgewechselt. Die Reparatur wurde augenscheinlich sehr sauber und fachmännisch durchgeführt.
Mein Kumpel erzählte mir dann, was er alles mit dem Boot vorhabe:
Innen wie außen am Rumpf soll die Farbe komplett runter, um Beplankung und Verbände mal genau prüfen zu können,
die Farbe auf Mast und Baum soll komplett neu aufgebaut werden
der bisher nicht ausgewechselte Schwertkasten soll sicherheitshalber raus und neu.
Daraus entspann sich ein freundschaftlicher Streit, da ich die Vorhaben meines Freundes für reine Selbstbeschäftigung halte, er dagegen meint, er möchte auf der sicheren Seite bleiben und nicht mit einem Boot aufs Wasser gehen, das möglicherweise "Macken" habe.
So kamen wir zu der Frage der "Bootshygiene":
Wie altern unsere Boote, speziell Sperrholzrümpfe?
Ab wann muß die Struktur und Stabilität wieder hergestellt werden?
Was sind die Alarmsignale?
Klar, wenn der Kielbalken weich wird und der Schraubenzieher stecken bleibt, wenn plötzlich Wasser im Schiff steht, wenn die Gewinde der Kielbolzen vor Rost nicht mehr zu sehen sind, dann sollte man mal langsam in die Gänge kommen.
Aber wann noch? Wann sind größere Arbeiten zweifellos reizvoller Selbstzweck, wann sind sie wirklich notwendig?
Nun habe ich ja selbst ein knapp 50 Jahre altes Sperrholzboot, halte mich aber bei handwerklichen Tätigkeiten streng ans Kölner Grundgesetz nach dem Motto
.....
"Muss datt?" (Ist das wirklich notwendig?)
"Dreck?" (direkt, sofort, unmittelbar?)
.....
und repariere an meinem Boot wirklich nur das, was mir ins Auge fällt.
Deshalb die Frage an euch: Wie seht ihr das?
Wenn das Holzboot in die Jahre kommt....
Wenn das Holzboot in die Jahre kommt....
Gruß vom
Bob
(Diplom-Improvisationsprofi)
Bob
(Diplom-Improvisationsprofi)
-
André bauer
- Beiträge: 2357
- Registriert: Di 12. Sep 2006, 18:26
Re: Wenn das Holzboot in die Jahre kommt....
Hallo Bob,
seh ich genauso wie Du, als wenn ein Boot nicht genug Arbeit macht.
Ist das Boot klarlieckert? Wenn ja, ist das die absolute ABM...
Einem klarlackierten Boot sieht man sofort an, wenn irgendwo Verbände lose sind, Nähte offen oder so.
Es entstehen Lackunterwanderungen (Feuchtikeit), Abplatzer, dunkle Stellen
Und selbst wenn nicht, wie will er denn prüfen ob die Verbände lose sind, wenn die Farbe runter ist?
Was macht es für einen Unterschied ob mit oder ohne Farbe?
Findet man etwas, geht man dem auf den Grund.
Manchmal auch sehr gründlich, siehe Seebrise...
Gib Ihm auch mal zu bedenken, da die Furnierschichten bei einem 40 alten Boot nicht mehr die dicksten sind.
Sofern er (wieder) klarlackieren will, ist die Gefahr des Durchschleifens mehr als real.
Auch die Festigkeit und Formbeständigkeit des Sperrholzes läßt nach, wenn man einseitig zu viel wegschleift,
allerdings wird es ja durch den gesamten Bootskörper gehalten.
Mast und Baum müssen geschliffen werden, bis die aufgebrochenen Schichten runter sind,
meist ist das bis aufs Holz.
Der Schwertkasten ist wieder kompletter Unsinn, er soll doch stolz und froh sein, ein Boot in so gutem Zustand gefunden zu haben.
Im Originalzustand verkauft es sich auch besser, als wenn ein Laie da einen neuen Kasten reingebastelt hat.
Viele Grüße,
André
seh ich genauso wie Du, als wenn ein Boot nicht genug Arbeit macht.
Ist das Boot klarlieckert? Wenn ja, ist das die absolute ABM...
Einem klarlackierten Boot sieht man sofort an, wenn irgendwo Verbände lose sind, Nähte offen oder so.
Es entstehen Lackunterwanderungen (Feuchtikeit), Abplatzer, dunkle Stellen
Und selbst wenn nicht, wie will er denn prüfen ob die Verbände lose sind, wenn die Farbe runter ist?
Was macht es für einen Unterschied ob mit oder ohne Farbe?
Findet man etwas, geht man dem auf den Grund.
Manchmal auch sehr gründlich, siehe Seebrise...
Gib Ihm auch mal zu bedenken, da die Furnierschichten bei einem 40 alten Boot nicht mehr die dicksten sind.
Sofern er (wieder) klarlackieren will, ist die Gefahr des Durchschleifens mehr als real.
Auch die Festigkeit und Formbeständigkeit des Sperrholzes läßt nach, wenn man einseitig zu viel wegschleift,
allerdings wird es ja durch den gesamten Bootskörper gehalten.
Mast und Baum müssen geschliffen werden, bis die aufgebrochenen Schichten runter sind,
meist ist das bis aufs Holz.
Der Schwertkasten ist wieder kompletter Unsinn, er soll doch stolz und froh sein, ein Boot in so gutem Zustand gefunden zu haben.
Im Originalzustand verkauft es sich auch besser, als wenn ein Laie da einen neuen Kasten reingebastelt hat.
Viele Grüße,
André
Gruß,
André
V98 Seebrise
www.bauer-naval-design.de
www.v98-seebrise.de (noch nicht umgezogen)
André
V98 Seebrise
www.bauer-naval-design.de
www.v98-seebrise.de (noch nicht umgezogen)
-
Matthias
Re: Wenn das Holzboot in die Jahre kommt....
"never change a running system"
Btw: Man kann ein Boot auch kaputtreparieren.
Leicht anschleifen, 1-2 x überlackieren, damit es wieder schön glänzt, Mast und Baum neu lackieren, wenn erforderlich, und auf die Saison warten.
Ach so, Schwertkasten: Man kann ja mal das Schwert ausbauen, und mit einer Lampe und einem Messer schauen, wie fest der innen noch ist. Meist gammelt es jaam Stoß zwischen Ober- und Unterplanke, bzw an der Kielbverbindung. WENN dort in der Saison Probleme auftreten, kann man bei Notwendigkeit tätig werden.
Wenn das Boot 8 Jahre trocken stand, wird der Dampefr über den Kasten deutlich Wasser nehmen.
Btw: Man kann ein Boot auch kaputtreparieren.
Leicht anschleifen, 1-2 x überlackieren, damit es wieder schön glänzt, Mast und Baum neu lackieren, wenn erforderlich, und auf die Saison warten.
Ach so, Schwertkasten: Man kann ja mal das Schwert ausbauen, und mit einer Lampe und einem Messer schauen, wie fest der innen noch ist. Meist gammelt es jaam Stoß zwischen Ober- und Unterplanke, bzw an der Kielbverbindung. WENN dort in der Saison Probleme auftreten, kann man bei Notwendigkeit tätig werden.
Wenn das Boot 8 Jahre trocken stand, wird der Dampefr über den Kasten deutlich Wasser nehmen.
-
rw
Re: Wenn das Holzboot in die Jahre kommt....
Das Boot ist ja auch ein Jolli, der wird also nicht mutterseelenallein auf dem Weg nach Island durch den Sturm geprügelt, sondern eher stegnah gesegelt. Soll heißen: Das Risiko für Leib & Leben ist nicht so richtig groß (für die Seele vielleicht schon). Bruynzeel gibt zwar "nur" 20 Jahre Garantie für die Verleimung (und gelegentlich sollen auch schon mal Leimnähte aufgegangen sein), aber wenn kein Schaden sichtbar ist, sehe ich hier auch kein Problem. (Bei anderen Herstellern genauso.) Fahren.
- Anders als Matthias annimmt, hoffe ich, dass der Jolli eben doch kein Wasser über den Schwertkasten aufnimmt. Das sollte eigentlich ordentlich abgedichtet sein.
- Anders als Matthias annimmt, hoffe ich, dass der Jolli eben doch kein Wasser über den Schwertkasten aufnimmt. Das sollte eigentlich ordentlich abgedichtet sein.
Re: Wenn das Holzboot in die Jahre kommt....
Vielen Dank für eure Antworten.
Mir geht es aber eigentlich gar nicht um den Jolli, sondern um eine ganz allgemeine Einschätzung.
Ich fange einfach mal an.
Ein in die Struktur des Bootes eingreifendes und umfangreicheres Refit ist erforderlich/könnte erforderlich sein bei
- dauerhaften Leckagen
- Pilzbefall
- undichter Kiel-Rumpf-Verbindung
- knarrendem, bei Betreten sich durchbiegendem Deck
- großflächigen Veränderungen der Holzfarbe (Blaufäule, Schwarzfäule)
- größerer Befall mit holzzerstörenden Insekten
- Maßveränderung/Fugenbildung nach dem Auskranen/beim Trailern
- größerer Rissbildung in der Beplankung
- größeren Rissen in der Lackierung
- stark zersetzten Kielbolzen
Was habe ich vergessen, wo war ich übertrieben "refit-willig"?
Mir geht es aber eigentlich gar nicht um den Jolli, sondern um eine ganz allgemeine Einschätzung.
Ich fange einfach mal an.
Ein in die Struktur des Bootes eingreifendes und umfangreicheres Refit ist erforderlich/könnte erforderlich sein bei
- dauerhaften Leckagen
- Pilzbefall
- undichter Kiel-Rumpf-Verbindung
- knarrendem, bei Betreten sich durchbiegendem Deck
- großflächigen Veränderungen der Holzfarbe (Blaufäule, Schwarzfäule)
- größerer Befall mit holzzerstörenden Insekten
- Maßveränderung/Fugenbildung nach dem Auskranen/beim Trailern
- größerer Rissbildung in der Beplankung
- größeren Rissen in der Lackierung
- stark zersetzten Kielbolzen
Was habe ich vergessen, wo war ich übertrieben "refit-willig"?
Gruß vom
Bob
(Diplom-Improvisationsprofi)
Bob
(Diplom-Improvisationsprofi)
