Verleisten oder nicht

arthur
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Re: Verleisten oder nicht

Beitrag von arthur » Sa 7. Jul 2018, 10:27

nvonholdt schrieb:
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Hallo ;-))


> Guten Tag,
> auch ich stehe vor der Aufgabe den Rumpf meines
> Bootes zu verkleben und da ich ein notorischer
> Querdenker bin, möchte ich meine Gedanken
> ungefragt in den Raum stellen.
> Die Festigkeit des Rumpfes wurde durch die
> Verformung der Planken und deren Verbindung zu
> Spanten, Steven und Kiel hergestellt. Zusätzlich
> ergab sich eine Formfestigkeit durch die
> Flächenpressung der Planken untereinander.

exakt so ist das Prinzip

> Durch das Austrocknen des Rumpfes ist nur der
> letzte Punkt, die Formfestigkeit, nicht mehr
> gegeben, vorausgesetzt, daß die anderen
> Verbindungen mangelfrei sind.

weit weit sind die Planken voneinander entfernt?

> Durch das Verkleben wird die Flächenpressung
> ersetzt. Ich behaupte, daß die Verklebung eine
> bessere Formfestigkeit ermöglicht.

ein Holzrumpf arbeitet immer (außer er ist formverleimt) und die Kräfte sind enorm. Das hält Epoxy nicht aus - und selbst wenn, gibt dann eher das Holz nach

> Das Argument, daß Spannungen im Rumpf aufgebaut
> werden müssen, teile ich nicht. Die Spannungen,
> die durch eingeschlagene Leisten entstehen, gehen
> verloren, da es kein geschlossenes System ist. Die
> Spannungen werden sich Richtung Deck komplett
> abbauen.

es ist das gesamte System eines Holzrumpfes zu betrachten, d.h. es gehen ja nicht nur die Planken, sondern auch die Spanten mit in der Bewegung

> Meines Erachtens wäre ein Füllen der Fugen mit
> Epoxy ausreichend. Jedoch ist dabei folgendes
> nicht außer Acht zu lassen:
> 1. Die Klebeflächen müssen sauber sein, daher
> müssen diese Fugen verbreitert werden, um sauberes
> Holz zur Verklebung zu haben.

Saubere Klebeflächen sind Grundvoraussetzungen für dauerhafte Kontakte

> 2. Das vollständige Ausfüllen der Klebefuge nach
> innen ist sehr schwierig und sieht, da man innen
> wegen der Einbauten nicht alles "glatt" ziehen und
> reinigen kann, "schlimm" aus.

stimmt!

> Aus diesen Gründen ist ein Einsetzen von Leisten
> sinnvoll. Es verringert auch den
> Klebstoffverbrauch.....

Äh warum? Die Leisten werden doch auch an zwei Seiten verklebt - oben und unten.

> Die Gestaltung der Fugen, d.h. innen ein
> geringeres Spaltmaß als außen, macht in sofern
> Sinn, daß die Fuge innen durch die Leiste komplett
> verschlossen wird. Nach Außen wird der Restspalt
> durch das angedickte Epoxy verschlossen und eine
> Verklebung in Plankendicke ist gegeben. Jedoch
> dürfen die Leisten nicht eingeschlagen werden!
> Nun ist letztendlich nur noch das Quellen der
> Planken zu verhindern, da der Plankendruck in
> Spantrichtung die Spanten oder die Verbindung zu
> ihnen zerstören wird.

Das Quellen von trockenem Holz beim wieder Wässern läßt sich wohl kaum verhindern ...

> Dieses wäre durch einen "Anstrich" mit Epoxy zu
> bewerkstelligen, ein Eindringen von Wasser,
> Feuchtigkeit in das Holz wäre nicht möglich.
> Jedoch ist dieser Anstrich sehr anfällig und es
> besteht die Gefahr von Fäule beim Eindringen von
> Wasser. Aus diesem Grund ist ein zusätzlicher
> Schutz des Holzes gegen Stoß mit einem Gewebe
> sinnvoll.

Nicht zwangsläufig ;-((( Und Stöße gehen gelegentlich glatt durch das Gewebe, womit Wasser darunter eindringen kann und dann nimmt das Unheil seinen Lauf, nicht gleich aber doch langsam. Ein mit Glas/Epoxy versiegelter Rumpf muß zwangsläufig immer makellos in seiner Oberfläche ein.


> Für mich bleibt jedoch eine Frage offen. Ist es
> sinnvoll die relative Holzfeuchte wieder auf einen
> angenommenen Wert beim Bau herzustellen? Das Boot
> wurde mit einer Holzfeuchte von ca. 12-15% gebaut.
> Nach jahrelanger Hallenlagerung ermittel ich mit
> einem einfachen Gerät eine Holzfeuchte von ca. 8%.

Ab ins Wasser (am Kran) damit und dann mal sehen... oftmals erledigen sich alle vorher gemachten Gedanken

> Da eine Feuchtigkeitssperre innen wegen der
> jahrzentelangen Ölbehandlung nicht möglich ist,
> besteht die Neigung, daß die Holzfeuchte zunimmt
> und die entstehende Plankenpressung nicht
> akzeptabel ist.
> Bevor jetzt Zeter und Mordio geschrieen wird: Es
> sind meine Überlegungen und diese sind
> möglicherweise falsch. Ich bin jedoch noch
> aufgeschlossen genug.
>
> Viele Grüße
>
> N.von Holdt
>
> Es ist echt immer wieder das alte Thema - ein Holzboot lebt und wir sollten es nicht verschlimmbessern. Selbst lange im Trockenen gestandene Typen ziehen/quellen sich binnen Tagen wieder dicht und sind damit stabil über die Verbände hinweg. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Aber dann ist Epoxy wirklich kein Allheilmittel, sondern dann muß professionell die Rumpfstruktur wieder hergestellt werden.

BG

>


André bauer
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Re: Verleisten oder nicht

Beitrag von André bauer » So 8. Jul 2018, 01:11

Moin Nils,

der Gedanke, das sich die Spannung abbaut ist leider falsch. Zumindest kurzfristig nicht, über lange Zeit längen sich Spanten vielleicht und nicht beschichtete, unverleimte Planken schwinden.
Das müssste ja auch bei traditionell gebauten Booten passieren, die halten bei guter Pflege aber ja viele Jahrzehnte dicht.
Die Nieten/Schrauben halten die Planke in Position.

Zu der Ölgeschichte innen: Ein Freund hat 1995 eine 5mR Yacht ausgeleistet und beschichtet, innen aber mit 1K Epifanes lackiert. Offenes Boot mit kleinem Cockpit mit Ganzpersenning auch über die Seiten.
Wir segeln das Boot regelmäßig, es macht seit mehr als 20 Jahren KEINE Probleme.
Sicher muss das Boot innen gut konserviert sein, aber dann ist das meiner Ansicht nach genau richtig.

Ansonsten bin ich absolut bei Dir, das ist genau was ich immer wieder geschrieben habe.
Von VonderLinden gibt es glaube auf Youtube auch ein Video, indem die Methode ohne Leiste propagiert wird.
Wie Du schon sagst, wird damit der Verkauf von EP angekurbelt, ist aber für mich nicht ok.
Außer das es tatsächlich kacke aussieht und technisch schlecht ist, gibt's keine Argumente dafür...

Eine Holzfeuchte von 8-10% ist gut, 15% sind zu hoch. Wozu sollte die Feuchtigkeit im Holz gut sein?
Die Boote wurden mit hoher Feuchtigkeit gebaut, weil sie im Wasser eh diese Werte erreichen, mit traditioneller Bauweise.
Mit Beschichtung bekannterweise bleibt das Holz trocken. Solange die Beschichtung unbeschädigt ist.
Mit einer so hohen Feuchtigkeit hat man 2 Risiken:
- Die Verklebung mit EP funktioniert nicht gut bei hoher Feuchtigkeit
- Das Holz kann weiter auftrocknen und die Leimnähte gehen wieder auf

Gruß,
André
Gruß,
André

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nvonholdt

Re: Verleisten oder nicht

Beitrag von nvonholdt » So 8. Jul 2018, 10:26

Hallo André,
mit der Spannung bin ich nicht ganz bei dir. Die Spannung durch das Einschlage von Leisten hält auf die Verbindungen, wechsel von Zugspannung auf Scherspannung. Aber das wird wohl Glaubenssache bleiben.
Nur Epoxy zu verwenden mag funktionieren bei geringer Spaltbreite und frei zugänglichem Innenrumpf.
Mit deiner kurzen Erklärung zur Holzfeuchte hast du meinen Gedanken den notwendigen Stoß
in eine andere Richtung gegeben. Jedoch ist immer noch etwas mein Dreh- und Angelpunkt der Sitz der Nietverbindungen. M.E. war der Sitz bei ca. 12% besser als jetzt bei 8%. Bei diesem Gedanken tritt natürlich die Frage auf, welche Wichtigkeit diese noch haben. Es ist ja ein Wechsel, zumindest teilweise, von Plankung zu Formverleimung.
Ich habe noch einige Monate bis zur Entscheidung und werde noch einige Kreise um das Boot laufen.

Ich wünsche einen schönen Sonntag

N.von Holdt
André bauer
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Re: Verleisten oder nicht

Beitrag von André bauer » Di 10. Jul 2018, 18:31

Hallo Nils,

der Wechsel von Zugspannung auf Scherspannung in der Niete würde stattfinden wenn

a) die Nieten durch das Schwinden des Holzes nicht mehr richtig fest sitzen.
Das würde aber heißen, das sie vorher auch schon zu lose waren.
So viel schwindet das Holz in der Plankenstärke nich. Schon gar nich von 12 auf 8%.
In dem Fall sollten alle Nieten nachgenietet werden.

b) die Spannung durch die eingeschlagenen Leisten nicht von beiden Seiten eingebracht würde.
Die Kielplanke und der Scheergang kriegen durch Kiel und Deck Gegendruck, zumindest etwas.
Und das muss bei nicht ausgeleisteteten Booten auch funktionieren.
Wenn der Scheergang das Wandern anfängt, is was faul.

Beide Fälle müssten zusammenkommen.

Gerade bei geringer Fugenbreite bekommt man EP kaum flächig und voll füllend rein.
Bei großer Fugenbreite wird das ne riesen Kleererei und sieht entsprechend aus.
Alle Fugen von innen abkleben ist auch n riesen Aufwand.
Da hab ich schneller Leisten gemacht.
Sauber schneiden muss man die Fuge sowieso, mit Tauchsäge z.B. und aufgehefteter Straaklatte.

Und man klopft die Leisten ja auch nur rein, ohne viel Druck. Es kommt ja nicht mehr Spannung ins Boot, als ein Gesundes nicht ohnehin hätte.
Beim Kalfatern wird richtig viel Druck aufs Holz gebracht und das funktioniert auch.

Gruß,
André
Gruß,
André

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Re: Verleisten oder nicht

Beitrag von Balkweger » Mi 11. Jul 2018, 21:05


Hallo Nils,

Andre hat völlig recht, am besten ist es den Rumpf mit dem gleichen Holz auszuleisten, statt eher schlecht als recht Epoxy in dreckige und haftungsminderte alte Fugen versuchen zu pressen.
Stand bei meinem Boot vor einem ähnlichen Problem und habe entsprechendes passendes Holz besorgt, Leisten daraus geschnitten und mit wenig seitlichem Anpreßdruck in die ausgesägten Fugen mit angedicktem Epoxy geklebt. Die Fugenrückseiten fein abgeklebt...
Die Fugen wurden mit einer angenagelten, Stahlnägel, Stracklatte aus gleichmäßig gewachsener Kiefer und einer Elu-Schattenfugensäge passend aufgesägt. Eventuell übriggebliebene Stege wurden mit nem schmalen Stecheisen entfernt, da die Fugen nicht durch die ganze Plakendicke geschnitten wurden, sondern 2 mm stehenbleiben durften.
Zum Leimen wurden Leiste und Fuge zuerst mit ungefülltem Epoxy gestrichen und dann satt mit angedicktem Epoxy eingeleimt, und mit Preßlufttacker zum leimen fixiert.
Nach dem Trocknen klammern entfernen und Überstand mit nem Bootshobel abhobeln und dann zb mit Bandschleifer samt schleifrahmen schleifen.

Bilder gibt es hier:

http://www.fky.org/forum-neu/read.php?2,35663,page=2

Grüße und gutes gelingen,

Jens
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Re: Verleisten oder nicht

Beitrag von Rhett » Di 17. Jul 2018, 03:03

André bauer schrieb:
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> Sauber schneiden muss man die Fuge sowieso, mit
> Tauchsäge z.B. und aufgehefteter Straaklatte.
>

Ich säge mir immer die Leisten von einem Brett, das genau so dick ist wie meine Fuge breit ist. Die Dicke des Bretts ist dann die die Breite meiner Leiste. Das ist in der Regel genauer als Aussägen, zumindest, wenn man nur Heimwerkerwerkzeug zur Verfügung hat. Und die Fuge fräse ich mit der Oberfräse. Beides - Leiste und Fuge - haben damit ein genau definiertes Maß.
André bauer
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Re: Verleisten oder nicht

Beitrag von André bauer » Di 17. Jul 2018, 18:03

Hallo,

die Fuge mit der Oberfräse zu fräsen ist keine so gute Idee.
Zum einen läuft der Fräser auch bei niedrigster Drehzahl immer noch sehr schnell. Damit darf man die Fräse nicht anhalten oder so, es entstehen sofort Brandstellen in der Fuge.
Sägt man die Fuge mit einer Tauchsäge ist die Gefahr kleiner, zumal das Blatt auch ne längere Standzeit hat.

Zweitens is derTisch einer Oberfräse ziemlich breit und entsprechend weit weg muss die Latte aufgeheftet werden.
In stark gekrümmten Bereichen wie der Kimm kann es dann passieren, das die Fräse aus der vorgesehenen Fuge läuft, weil man die Tischbreite parallel zur Plankenfläche angerissen hat.
Der Tisch aber wird normal in der Ebene rechtwinklig zur Leiste geführt.
Zumindest läuft man Gefahr das man die Fräse nicht im konstant veränderlichen Winkel kippt und dann Absätze in die Fuge bekommt.
Eine Tauchsäge sägt max ca. 10 mm von der Anlagekante und hat einen 40-50 mm breiten Tisch.
Die Gefahr damit zu verkanten is wesentlich kleiner.

Mit dem Schneiden der Leisten hast Du natürlich recht.

Gruß,
André
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André

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Andre R363

Re: Verleisten oder nicht

Beitrag von Andre R363 » Di 17. Jul 2018, 18:19

Hallo,

Oberfräse funktioniert bestens.
Kann ich aus der Praxis mit bestem Gewissen so sagen.
Habe einen 20er Jollenkreuzer komplett ausgeleistet und die Fugen mit der Oberfräse geschnitten.
Ich habe für die ca. 120m Fugen zwei Nutfräser verschlissen.

Gruss
Andre
André bauer
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Re: Verleisten oder nicht

Beitrag von André bauer » Di 17. Jul 2018, 21:26

Moin schon wieder,

der Jolli hat ja auch kaum ne scharfe Kimm. Auf mehr oder weniger gerader Fläche kein Ding.
Und es bleibt immer noch das Problem der hohen Drehzahl.
Wollte vorhin dazu noch was schreiben:
Bei Verklebung von z.B. Eiche mit EP soll die Fläche direkt vorher mit nem Zahnhobel oder groben Schleifpapier (24 oder 40er Korn) angerauht werden. Oder man verklebt frische sägerauhe Flächen.
Wie mit der Tauchsäge.
Wie sonst könnte man die Leimflächen beim Ausleisten effektiv vorbereiten.
Gruß,
André

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Andre R363

Re: Verleisten oder nicht

Beitrag von Andre R363 » Di 17. Jul 2018, 22:10

Hallo,
also wenn ein Jolli keine scharfe Kimm hat dann weiß ich auch nicht.

Klar gibt es immer ein besser oder man sollte es anders machen.

Meistens ist das "Machen" mit dem Werkzeug welches man gerade zur Hand hat am besten.

Einfach loslegen.

Gruß
Andre R363
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